Beim "Report" analysierte Fritz Dittlbacher Kerns Auftritt vom Dienstag.

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Verloren stand er da, neben einem Laternenpfahl und einem Auto. Das beige Sakko hing über dem feinkarierten Hemd, als hätte es damit heute Abend nicht mehr gerechnet. ORF-Chefreporter Fritz Dittlbacher sollte Dienstagnacht im "Report" auf ORF 2 live von der Sitzung der SPÖ-Gremien berichten, wo man über die Brüssel-Pläne von SPÖ-Chef Christian Kern befinden würde.

So weit der Plan, als Susanne Schnabl zum Kollegen hinaus schalten ließ. Doch Dittlbacher wurde zum Sinnbild der Medien an diesem Tag, an dem Kern seine Partei, Journalisten und Politinsider kalt erwischt hatte: Draußen stehengelassen hatte er die hyperventilierende Blase der Experten, die über Gazprom und den totalen und endgültigen Rückzug des Kurzzeitkanzlers – oder besser: des Vor-Kurz-Zeit-Kanzlers – aus der Politik spekulierten. Das war, bevor Kern am Abend vor die Kameras trat, um seine EU-Kandidatur zu verkünden. Dittlbacher war später gleich noch einmal kalt erwischt worden. Denn nur zwei Minuten, bevor man live zu ihm auf die einsame Straße schaltete, war SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher an ihm vorbeigerauscht.

Nun musste Lercher – nur fast live – eingespielt werden. "Einhellig", so der Steirer, hatte man Kern gerade den Segen für die Spitzenkandidatur gegeben. Es sei ein "guter Tag für die europäische Sozialdemokratie", betonte Lercher gar zu vehement. Zurück im Studio analysierte Politikberater Thomas Hofer die neue Situation, als sei sie schon wieder eine alte. Ob eine Spitzenkandidatur auch auf europäischer Ebene für die SPE denkbar sei? Kern habe "per se gute Chancen", so Hofer, der die Performance des Tages "amateurhaft" fand. Er meinte jene Kerns. (Colette M. Schmidt, 18.9.2018)