Transparenzgesetz: Alfred Noll von der Liste Pilz wirft Kanzler Sebastian Kurz Wortbruch vor.

Foto: APA/HANS PUNZ

Wien – Die schwarz-blaue Bundesregierung wird in dieser Legislaturperiode keinen Vorstoß unternehmen, um das Amtsgeheimnis abzuschaffen. Das geht aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Liste Pilz durch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hervor, die am Donnerstag auf der Parlamentshomepage veröffentlicht wird. Mit Verweis auf das Regierungsprogramm und bestehende Datenschutzbestimmungen heißt es darin, dass "keine gesonderten Maßnahmen" vorgesehen seien.

Um ein neues Informationsfreiheitsgesetz wird seit Jahren gerungen. Es soll an die Stelle des Amtsgeheimnisses treten, das in Österreich sogar in der Verfassung steht und auf das sich regelmäßig Behörden berufen, wenn sie Auskünfte über ihre Tätigkeiten verweigern. Kritiker fordern schon lange mehr Transparenz – etwa bei der Vergabe öffentlicher Gelder.

Für Alfred Noll von der Liste Pilz ist Kurz "wortbrüchig" geworden. "Noch im Jahr 2014 hat sich Herr Kurz für ein Informationsfreiheitsgesetz ausgesprochen – er hat es mir sogar persönlich in die Hand versprochen. Nun ist alles anders", so Noll: "Die berechtigte Hoffnung, Österreich hier auf den Stand zivilisierter Staaten zu bringen, ist mit Herrn Kurz auf absehbare Zeit gestorben."

Mehr Überwachung statt mehr Transparenz

Heftige Kritik kommt auch von Mathias Huter, dem Generalsekretär vom Forum Informationsfreiheit. Einer NGO, die sich für das Recht auf Zugang zu Information einsetzt: "Es ist enttäuschend, dass die Regierung keinerlei Ambitionen zeigt, den Bürgerinnen und Bürgern endlich ein umfassendes Recht auf Zugang zu staatlicher Information einzuräumen."

Kanzler Kurz habe der Mut verlassen: "Seit fünf Jahren wiederholt Kurz, er sei für einen gläsernen Staat statt gläserner Bürger, auch vor der Nationalratswahl hatten sowohl ÖVP als auch FPÖ versprochen, sich für ein Informationsfreiheitsgesetz einzusetzen. Bislang hat die Regierung genau das Gegenteil vorangetrieben: mehr Überwachung der Bürger, während staatliches Handeln weitestgehend intransparent bleibt", so Huter zum STANDARD.

Österreich hinke nach

Österreich sei "die wohl letzte Demokratie Europas mit dem Amtsgeheimnis in der Verfassung. Ein internationalen Standards entsprechendes Transparenzgesetz fehlt, überall sonst haben Bürger längst ein Recht auf Zugang zu Studien, Verträgen und anderen Behörden-Dokumenten von staatlichen Stellen."

Die mangelnde Transparenz sei auch internationale Organisationen ein Dorn im Auge, so Huter. Er verweist auf die OSZE/ODIHR-Mission, die die Nationalratswahl beurteilt und vergangene Woche dem Parlament ihre wichtigsten Empfehlungen präsentiert hat: "An erster Stelle: Österreich solle mehr Transparenz schaffen und seinen Bürgern ein Recht auf Zugang zu staatlicher Information einräumen." (omark, 19.9.2018)