Foto: Stefan Armbruster

England im 9. Jahrhundert ist ein zerrissenes Land, in verschiedene Fürstentümer aufgespalten, in denen die Angelsachsen von den Wikingern unterjocht werden. Die Angelsächsin Brida schlägt sich in dieser archaischen Gesellschaft mit Wortwitz und körperlicher Kraft durch. Sie ist eine Schlüsselfigur in der BBC-Serie "The Last Kingdom", die auf den "Saxon Stories" von Bernard Cornwell basiert.

Stefan Armbruster hat die Schauspielerin Emily Cox in der Wiener Börse in einem Outfit von Alexander McQueen fotografiert.
Foto: Stefan Armbruster

Gespielt wird sie von Emily Cox, die im heutigen Europa ebenfalls zwischen verschiedenen Ländern und Kulturen lebt. Ihr Vater ist Engländer, ihre Mutter Irin, aber aufgewachsen ist sie mit britischem Pass in Wien. "Ich fühle mich also gewissermaßen als Wienerin, wobei in meiner Kindheit unser Familienalltag natürlich nicht klassisch österreichisch war", erzählt Cox in einem typischen Wiener Kaffeehaus.

Dort bestellt sie, wie eine richtige Britin, Schwarztee mit Milch. Aus nationalen Identifizierungen mache sie sich aber ohnedies nichts, Zuhause sei dort, wo die Freunde und Familie sind, erzählt die Kosmopolitin. Und so verwundert es kaum, dass sie sich gleich nach unserem Gespräch auf den Weg zum Flughafen machen muss, von wo aus es nach Berlin geht.

Cox pendelt zwischen den beiden Hauptstädten, wenn sie nicht gerade in Budapest – wo "The Last Kingdom" gedreht wird – oder an einem anderen Produktionsort wohnt. Schließlich ist sie mittlerweile eine international gefragte Schauspielerin.

DER STANDARD

Premiere

Während sich viele Eltern wünschen, dass ihre Kinder einen konventionellen Beruf ergreifen, wuchs Cox in einer, wie sie es nennt, freien Umgebung auf. Mutter und Vater reüssieren mit ihrer Leidenschaft Klavierspiel, können gut von ihrem künstlerischen Beruf leben. So hatte auch die Tochter keine Scheu, einen solchen zu ergreifen.

Mantel Christian Dior, Rollkragenpullover Hugo Boss, Boots Alexander McQueen.
Foto: Stefan Armbruster

Ein Auftritt bei einem Theaterstück im Zuge des Englischunterrichts brachte sie schließlich zur Schauspielerei. Bühnenluft geschnuppert und sofort davon begeistert, trat Cox gleich nach der Matura zur Aufnahmeprüfung am Max-Reinhardt-Seminar an.

Dass sie prompt aufgenommen wurde, kam für sie dann doch etwas unvorbereitet: "Ich war plötzlich zum Schauspielstudium zugelassen, ohne zu wissen, was Schauspiel genau ist. Davor war ich nicht einmal oft im Theater, kannte im Gegensatz zu meinen Kommilitonen selbst einige der großen Namen der Branche nicht."

Mit Talent, Freude am Spiel und etwas Glück konnte sie schon während ihrer Zeit am Max-Reinhardt-Seminar Schauspieljobs ergattern. Plötzlich war Emily Cox immer öfter auf Leinwand und Bildschirm zu sehen.

Sie spielte in Krimiserien wie "Tatort" oder "Schnell ermittelt", deutschsprachigen Filmen wie "Dutschke", "Rammbock" oder "Die Vaterlosen" sowie in englischsprachigen Produktionen, etwa "Homeland", mit.

Mustertop mit gerafften Ärmeln Dries Van Noten über Mytheresa, Hose Michael Sontag.
Foto: Stefan Armbruster

Derzeit mimt sie Miriam in der Tragikomödie "Nichts zu verlieren", wird Ende Oktober in Detlef Bucks Film "Wuff" zu sehen sein, steht für das englischsprachige Remake von "Honig im Kopf" mit Nick Nolte und Matt Dillon vor der Kamera und dreht die dritte Staffel von "The Last Kingdom". Es läuft gut für Emily Cox.

Bluse Steinrohner, Hose Wilfried Mayer, Sandaletten Hugo Boss.
Foto: Stefan Armbruster

Für sie persönlich bedeutet Erfolg jedoch, glücklich zu sein. Als Schauspielerin sei es ihr wichtig, interessante Rollen zu spielen. Cox strebt nicht danach, um jeden Preis weltweit berühmt zu werden, und will lieber "einen guten Film in Österreich machen als einen schlechten in Hollywood".

Privatheit

Die Selbstinszenierung in den sozialen Medien gehört heutzutage zum Jobprofil einer Schauspielerin. Laut Emily Cox gelte das allerdings eher für Großbritannien und die USA, wo die Social-Media-Präsenz so manche Besetzungsentscheidung beeinflusse.

Hierzulande sei das noch nicht der Fall. Eine Emily-Cox-Fanseite auf Facebook sucht man vergebens, einen Instagram-Account besitzt die Schauspielerin mittlerweile, gehört aber nicht zu jenen, die ihre Follower (Cox hat über 6000) an jedem Detail ihres Lebens teilhaben und dieses dank Filter, Pose und Selektion nur allzu perfekt erscheinen lässt.

Die These, dass es ein gewisses Maß an Narzissmus und Selbstdarstellungsdrang braucht, um als Schauspielerin zu reüssieren, quittiert sie mit dem Hinweis, dass auch große Namen der Szene wie Emma Stone keine Diven seien: "Wer innere Stärke besitzt, muss sie nicht zwanghaft nach außen demonstrieren."

Dass bei ihr Sein vor Schein geht, erhärtet sich im Laufe des Gesprächs: "Man könnte ja meinen, Schauspieler stehen immer gern im Rampenlicht. Im Privatleben bin ich aber eher schüchtern. Eine Rede, etwa bei einem großen Geburtstagsessen, halten zu müssen, ist keine schöne Vorstellung für mich." Beim Spielen hingegen könne sie sich total öffnen.

Kleid Miu Miu, Stiefel Alexander McQueen.
Foto: Stefan Armbruster

"Nicht Verstellung ist die Aufgabe des Schauspielers, sondern Enthüllung", zitiert die Schauspielerin Max Reinhardt und führt weiter aus: "Beim Spielen ist man unheimlich exponiert, es entsteht eine ganz nahe Verbindung zum Gegenüber, die in dem Moment echt ist, obwohl die Umstände, unter denen man agiert, und das Verhältnis vorgestellt sind."

Kleid und Stiefel von Hermès.
Foto: Stefan Armbruster

Schauspielerei ist anscheinend auch Selbsterfahrung. Emily Cox findet es interessant, in der Auseinandersetzung mit der jeweiligen Rolle Bezüge zur eigenen Persönlichkeit neu zu entdecken: "Beim Schauspielen kann man sich und seine unterschiedlichen Facetten besser kennenlernen. Zu manchen Rollen hat man nicht sofort einen Zugang – zu der eines Mörders beispielsweise. Es ist aber spannend, den Mörder in sich selbst zu suchen – also herauszufinden, unter welchen Umständen man fähig wäre, jemanden umzubringen. Wenn das nicht klappt, versuche ich, über Parallelen zu meinem Leben so nah wie möglich an die Vorstellung heranzukommen."

Abgrenzung zur Rolle abseits des Sets sei wichtig, bestätigt sie, wenngleich auch nicht immer gänzlich möglich. So begleitet sie ein Hauch der Figur, die sie darstellt, auch immer noch, wenn sie den Drehort verlassen hat.

Das sei aber okay, meint die Schauspielerin, schließlich handle es sich bei dem, was einen da begleite, ja um einen Teil von sich selbst.

So wie sie selbst ihr Leben fest im Griff hat, sucht sie auch in all ihren Rollen, auch in jenen, die auf dem Papier das Opfer sind, immer die Siegerin. Bei der Figur Brida aus "The Last Kingdom" dürfte ihr das nicht allzu schwer fallen.

Baumwollhemd Chanel, Hose Wilfried Mayer, Schuhe Mulberry.
Foto: Stefan Armbruster

Strenge Miene und Wikingerkluft lassen keinen Zweifel daran, dass diese Frau sich zu wehren weiß. Aber auch wenn Emily Cox keine Rolle spielt, Fell und Leder gegen elegante Mode eintauscht – wie beim RONDO-Shooting in der Wiener Börse -, ist ihre Stärke präsent. (Michael Steingruber, RONDO exklusiv, 6.10.2018)

Wollhemd und Hose Odeeh, Samtmules Jimmy Choo, Rollkragenpullover Falconeri.
Foto: Stefan Armbruster

Kleidung Titelfoto:

Emily Cox trägt ein Kleid von Dries Van Noten und Overknee-Stiefel von Hermès

Weiterlesen:

Gestatten, Jugo Ürdens