Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May im Gespräch in Salzburg.

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Die Europäische Union setzt bei ihrer Migrationspolitik verstärkt auf restriktive Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Migration und des Schlepperwesens. Dazu sollen bis Jahresende möglichst viele Punkte in den Vorschlägen der EU-Kommission zum Ausbau der gemeinsamen Grenzschutzbehörde Frontex umgesetzt werden. Zusätzlich will man umfassende Kooperationsmaßnahmen mit nordafrikanischen Staaten angehen.

Diese Ziele haben der Ständige Ratspräsident Donald Tusk, Kommissionschef Jean-Claude Juncker und Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Donnerstag zum Abschluss des informellen EU-Gipfels in Salzburg in einer Pressekonferenz betont. Man wolle sich darauf konzentrieren, das Machbare umzusetzen, und nicht, wie seit Jahren, weiter im Streit über die Verteilung von Flüchtlingen verharren, sagte Kurz.

Dabei geht es um Wirtschaftshilfe ebenso wie um die Stärkung der nationalen Küstenwachen. Die geplanten Aufnahmelager werden aber zunächst kaum eine Rolle spielen. Teilweise kritische Distanz zu diesen Erklärungen ließ die deutsche Kanzlerin Angela Merkel erkennen. Sie stellte sich zwar hinter den Plan, Abkommen zu schließen, und es sei gut, Frontex zu stärken und Rückführungen zu beschleunigen. Dazu seien "die Kontakte zu nordafrikanischen Staaten voranzutreiben". Allerdings will sich Merkel nicht damit abfinden, dass eine mögliche Verteilung von bereits in Europa anwesenden Flüchtlingen nur auf freiwilliger Basis stattfinden solle. Es könne nicht sein, dass manche sich von Verpflichtungen "freikaufen", sagte sie.

Offen kritisierte Gerald Knaus, der als Architekt des EU-Türkei-Deals gilt, die angekündigte Kooperation der EU mit Ägypten auf Anfrage des STANDARD. Die EU schiebe damit nur auf der Hand liegende Probleme wie die ernste humanitäre Situation auf den griechischen Inseln oder die ungelöste Situation mit den Rettungsbooten weg, um eine Scheinlösung zu verkaufen. Ägypten spiele in der gesamten europäischen Asyldebatte eine nur marginale Rolle. In den vergangenen Jahren seien aus Ägypten keine Boote mehr angekommen, was Kanzler Kurz in Salzburg auch als Vorbild betonte. Außerdem werde suggeriert, dass Menschen, die eben nicht aus Ägypten, sondern aus Nigeria, Mali oder anderen Staaten per Boot kämen, wieder nach Ägypten zurückgebracht werden könnten. Das würde jedoch gegen jegliches internationale Recht verstoßen.

Stunde der Wahrheit beim Brexit

Beim zweiten wichtigen Thema des Treffens, dem Brexit, gab es inhaltlich keine greifbaren Fortschritte. Allerdings ist nun definitiv geklärt, wie der Prozess bis zu einem Abschluss der Verhandlungen ablaufen wird. Kurz sagte als EU-Ratsvorsitzender, man sei übereingekommen, die Zeit bis zum nächsten regulären EU-Gipfel am 18. Oktober dazu zu nutzen, die offenen Streitpunkte aus dem Weg zu räumen. Beide Seiten, die EU-27 wie auch die britische Regierung, müssten sich "aufeinander zubewegen", man müsse "einen harten Brexit auf jeden Fall verhindern".

Wie das gehen soll, das blieb offen. Donald Tusk betonte, dass es Mitte November einen Brexit-Sondergipfel geben könne, um den Austrittsvertrag auch formal abzuschließen. Ohne "großes Finale" werde der Termin im November aber nicht stattfinden. Ein Scheitern sei zwar nicht auszuschließen, so Tusk. In Salzburg hätten die Staats- und Regierungschefs dennoch einen wichtigen Schritt gesetzt, indem sie die absoluten Limits für die Brexit-Verhandlungen fixierten: Es werde keinen britischen Austrittsvertrag geben ohne "solide rechtsverbindliche Lösung" für die Frage des irischen Grenzregimes. Die EU-27 stünden zudem alle voll hinter Chefverhandler Michel Barnier, der ein Rosinenpicken durch das Vereinigte Königreich beim Binnenmarkt ausschloss.

Die britische Premierministerin Theresa May hatte beim Arbeitsessen der Regierungschefs in der Felsenreitschule in der Nacht auf Donnerstag noch einmal kurz die Positionen ihrer Regierung dargelegt und betont, dass sie trotz der festgefahrenen Verhandlungen vom Ziel einer selektiven Teilnahme am Binnenmarkt nicht abrücken wolle. Ein zweites Referendum schloss sie aus.(Thomas Mayer, Manuela Honsig-Erlenburg, 20.9.2018)