Felix Großschartner, Lukas Pöstlberger, Patrick Konrad, Gregor Mühlberger und Michael Gogl werden im Straßenrennen der WM in Tirol unter dem Motto "Dabei sein ist alles" für Österreich starten.

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Drei Kilometer mit einer maximalen Steigung von 28 Prozent. Das sind die aus radfahrerischer Sicht angsteinflößenden Eckdaten der Höttinger Höll. Hier wird am Sonntag in einer Woche die Entscheidung darüber fallen, wer als neuer UCI-Straßenrad-Weltmeister das begehrte Regenbogentrikot überziehen darf.

Eines ist schon jetzt klar, der regierende Weltmeister aus der Slowakei, Peter Sagan, zählt unter Experten ob der gebirgigen Topografie des Kurses nicht zum engeren Favoritenkreis. Ebenso wenig wie die Österreicher, die bei der ersten Straßenrad-Heim-WM seit Salzburg 2006 sportlich wohl nur eine Statistenrolle einnehmen werden. Obwohl ihnen Berge eigentlich liegen würden. "Aber wir sind halt kein Radsportland", sagt dazu ÖRV-Nationaltrainer Franz Hartl. Für ihn wäre schon ein Platz unter den ersten zehn ein "Riesenerfolg", in jeder Disziplin. Für die letzte WM-Medaille Österreichs sorgte Christiane Soeder 2008 im Einzelzeitfahren.

Hoffnungsträger Wildauer

Medaillen werden im Einzel- und Mannschaftszeitfahren sowie im Straßenrennen vergeben – für die Herren, die Damen, in der Kategorie U23 sowie für Juniorinnen und Junioren. Den letzten internationalen Erfolg für Österreichs Rennradler verbuchte Markus Wildauer für sich. Er gewann bei der EM im Juli im südmährischen Brünn die Bronzemedaille im Einzelzeitfahren. Ein Achtungserfolg, aber bei der WM ist die Konkurrenz noch einmal ungleich stärker und ein Stockerlplatz nur sehr schwer zu erreichen.

Am Sonntag wird die WM mit dem Mannschaftszeitfahren der Damen und Herren sportlich eröffnet. Der Kurs führt vom Ötztal im Tiroler Oberland nach Innsbruck. Am Ende gilt es für die Herren einen knackigen Anstieg ins Mittelgebirge bei Axams und Götzens zu bewältigen. Die Damen lassen den Anstieg aus und fahren flacher via Zirl nach Innsbruck.

Straßenrennen als Highlight

Beim Mannschaftszeitfahren gehen Teams von jeweils sechs Fahrern in Intervallen von mehreren Minuten ins Rennen. Vier Fahrer müssen am Ende die Ziellinie passieren, damit das Team gewertet wird. Im Rennen geht es vor allem darum, bestmöglich den Windschatten auszunutzen, weshalb sich die Fahrer ständig an der Spitze abwechseln. So werden hohe Durchschnittsgeschwindigkeiten von über 50 km/h erreicht. Eine Besonderheit dabei ist, dass hier Werksteams an den Start gehen und nicht Nationalteams. Ungefähr so, als würden bei der Fußball-WM Vereine antreten.

Sportlicher Höhepunkt der WM ist aber das Straßenrennen der Herren. Es gilt neben den großen Rundfahrten und den Klassikern als begehrenswerteste Trophäe unter Rennradlern. Der Kurs in Tirol gilt als einer der härtesten der letzten Jahrzehnte, Grund dafür sind die Steigungen. Gestartet wird noch recht flach in Kufstein. Es geht durch das Inntal westwärts Richtung Innsbruck. Die erste kritische Steigung führt bei Terfens hinauf nach Gnadenwald.

Dann heißt es für die Herren sieben Mal den Olympiarundkurs von Innsbruck hinauf nach Igls zu bewältigen. Bevor es mit fast 250 Kilometern in den Beinen zum furiosen Finale auf die Nordseite der Stadt geht, durch die steile Höttingergasse zur eingangs erwähnten Höll. Und dann auf einer ebenso rasanten wie riskanten Abfahrt von der Hungerburg hinunter zur Hofburg, wo der Zieleinlauf aller WM-Rennen stattfindet.

Gefährliche Abfahrt

Die Tiroler WM-Strecke sorgt seit Monaten für Diskussionen unter den Fahrern und Betreuern. ÖRV-Trainer Hartl hält vor allem die Abfahrt am Schluss für unnötig: "Das ist ganz schlimm. Da werden die Rennfahrer zum Objekt des Spektakels." Die steile, mit engen Kurven gespickte Höhenstraße sei schon trocken gefährlich, wenn es nass ist, wie die Wetterprognosen befürchten lassen, werde die Abfahrt extrem gefährlich, weil die Fahrer ausgelaugt sind und trotzdem hundert Prozent geben werden.

Angesichts des schwierigen, auf Bergfahrer ausgerichteten Kurses ist es schwer, Favoriten auf den WM-Titel zu benennen. Dreifach-Weltmeister Sagan scheidet für die meisten aus, weil er ein Sprinter, aber eben nicht Bergspezialist ist. Dem Italiener Vincenzo Nibali fehlt in seiner Trophäensammlung eigentlich nur der WM-Titel, und auch Berge liegen ihm. Doch Gerüchte besagen, er sei nicht in Form.

Die britischen Stars Chris Froome und Geraint Thomas werden nicht teilnehmen. Dafür soll ihr Landsmann und Vuelta-Sieger Simon Yates als Medaillenhoffnung einspringen. Aber auch mit den Franzosen, Kolumbianern und Spaniern ist zu rechnen. (Steffen Arora, 22.9.2018)