Der Wolf. Ein Tier, das hierzulande polarisiert.

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"Der muss weg!" Wenn man derzeit mit Schafbauern im oberen Waldviertel spricht, hört man diesen Satz nur allzu oft. Gemeint ist der Wolf, der sich neuerdings dort niedergelassen und einige Schafe gerissen hat. Diesen Satz hört man interessanterweise aber auch von Fischern und Teichwirten über den Kormoran und den Fischotter, von Weinbauern über den Star, von Hühnerzüchtern über den Habicht, von Wellensurfern über den Weißen Hai und so weiter. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Ja, man kann ihn sogar auf Landschaftselemente beziehen, wie zum Beispiel feuchte Wiesen, die den Traktor einsinken lassen, Steinformationen, welche die landwirtschaftliche Bearbeitung erschweren, Schutzgebiete, die Großprojekten wie Wasserkraftwerken, Skigebieten oder Autobahnen im Weg stehen. Sie alle müssen weg.

Diese Denkweise hat ihre unausweichlichen Konsequenzen, die man schon längst deutlich sehen kann, wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht und sich Fakten nicht gänzlich schönredet: Eine Ökosystemkrise ungeahnten Ausmaßes steht vor der Tür. In Europa sind Insekten um rund 70 Prozent zurückgegangen, fast jeder zweite Vogel ist verschwunden, praktisch alle Amphibien und Reptilien sind unmittelbar vom Aussterben bedroht. Global verschwinden Regenwälder, Wildnisgebiete und damit unzählige Pflanzen- und Tierarten in erschreckendem Tempo.

Auch wenn die Spezies Mensch die Probleme erkennt, ist sie offenbar nicht bereit, die egoistische Sichtweise abzulegen und zugunsten des großen Ganzen gewissen Verzicht oder zumindest Mäßigung zu üben. Die Uhr tickt. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um zu verhindern, dass die Kräfte der Evolution möglicherweise die Lösung der Krise finden: Der Mensch, der muss weg. (Gerhard Loupal, 27.9.2018)