Donald Trump, der sich kraft seiner Berühmtheit zum Begrapschen von Frauen legitimiert fühlt, will sich seinen Kandidaten Kavanaugh nicht schlechtreden lassen.

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Washington – US-Präsident Donald Trump hat eine Frontalattacke gegen die Professorin gefahren, die seinem Gerichtskandidaten Brett Kavanaugh versuchte Vergewaltigung vorwirft. Trump stellte am Freitag die Glaubwürdigkeit von Christine Blasey Ford massiv in Frage.

Die Anwälte der Wissenschafterin verhandelten inzwischen weiter mit dem Senat über die Rahmenbedingungen ihrer dortigen möglichen Aussage in der kommenden Woche.

Ford beschuldigt den erzkonservativen Kandidaten für das mächtige Oberste Gericht, vor dreieinhalb Jahrzehnten während einer Teenager-Party über sie hergefallen zu sein. Kavanaugh weist die Anschuldigung zurück. Trump merkte nun an, er habe "keinen Zweifel", dass Ford oder ihre "liebenden Eltern" damals unverzüglich Anzeige erstattet hätten, wenn der Angriff "so schlimm" gewesen wäre wie von der Psychologieprofessorin geschildert.

Der Präsident forderte Ford im Kurzbotschaftendienst Twitter auf, Dokumente über eine solche Anzeige vorzulegen, "so dass wir Datum, Zeit und Ort erfahren können". Aus Fords Schilderungen geht hervor, dass eine solche Anzeige damals offensichtlich nicht erstattet worden war.

Trump kritisierte auch Fords Forderung, die Bundespolizei FBI solle die Anschuldigung untersuchen. "Warum hat nicht jemand das FBI vor 36 Jahren angerufen?" fragte er.

Verspätung nicht ungewöhnlich

Die Opfer von sexueller Gewalt scheuen nach Angaben von Experten häufig aus Scham und Furcht davor zurück, von dem traumatischen Erlebnis zu erzählen. Ford hatte nach eigener Schilderung erst 2012 während einer Paartherapie mit ihrem Ehemann erstmals genauer von der sexuellen Attacke erzählt, die sie als 15-Jährige erlebt habe.

Der Anführer der oppositionellen Demokraten im Senat, Chuck Schumer, warf Trump vor, mangelndes Verständnis für die Opfer sexueller Gewalt zu zeigen. "Der Präsident versucht nicht einmal, Trauma-Überlebende zu verstehen – er schlachtet lieber ihren Schmerz für politische Zwecke aus", twitterte Schumer. Der Präsident wird selber von mehr als einem Dutzend Frauen sexueller Übergriffe beschuldigt.

In den vergangenen Tagen hatte sich Trump noch mit direkten Angriffen auf Ford zurückhalten. Dabei hatte er womöglich die weibliche Wählerschaft in den Anfang November anstehenden Kongresswahlen im Blick. Bereits seit Tagen bezeichnet Trump jedoch den Übergriffsvorwurf als Komplott der Demokraten, um die Ernennung seines Gerichtskandidaten auszubremsen.

Kavanaugh werde von "Politikern des radikalen linken Flügels" attackiert, denen es lediglich darum gehe, "zu zerstören und verzögern", legte der Präsident am Freitag nach. Er appellierte an den Senat, seine Entscheidung über Kavanaugh nicht weiter zu verschleppen: "Stimmt jetzt ab!"

Der Zeitfaktor ist im Streit um den Richter wegen der Kongresswahlen von großer Bedeutung. Die Republikaner müssen um ihre knappe Senatsmehrheit von 51 der 100 Sitze bangen – ohne Zustimmung der Kammer kann Kavanaugh den Supreme-Court-Posten nicht antreten.

Morddrohungen gegen Professorin

Durch die von Ford erhobene Anschuldigung hat sich das Nominierungsverfahren bereits verzögert. Der republikanische Vorsitzende des Justizausschusses, Chuck Grassley, setzte für kommenden Montag eine öffentliche Anhörung an, bei der sowohl die Professorin als auch der Richter aussagen sollen. Diesen Termin lehnte Ford als verfrüht ab. Über ihre Anwälte erklärte sie sich aber zu einer Aussage im späteren Verlauf der Woche bereit.

Für den Auftritt stellten die Anwälte mehrere Bedingungen, wie US-Medien berichteten. Dazu gehöre, dass sich Kavanaugh während Fords Aussage nicht im Saal befinden dürfe und für ihre Sicherheit gesorgt sei. Die Forscherin aus Kalifornien erhielt laut ihren Anwälten in den vergangenen Tagen Morddrohungen.

Sollte es zur Anhörung der Wissenschafterin in dem Ausschuss kommen und diese öffentlich stattfinden, ist ein gigantisches Medienspektakel zu erwarten. (APA, 21.9.2018)