Andreas Schieders (links) Rückzug sorgt zwar für Betroffenheit, dennoch steht der rote Klub hinter seiner baldigen Obfrau Pamela Rendi-Wagner. Freuen darf sich Neo-Parteimanager Thomas Drozda.

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Das Jahr 2018 ist nicht das Jahr Andreas Schieders. Wiener Bürgermeister wollte er werden. Doch unterlag er im Jänner Michael Ludwig in der Kampfabstimmung um den Parteivorsitz in der roten Hauptstadt. Einen Wechsel nach Brüssel hatte Schieder auf der Agenda. Da kam ihm Christian Kern zuvor, der als Chefgenosse zurücktrat und jetzt EU-Spitzenkandidat werden soll. Nun muss Schieder auch noch den Obmannsessel im roten Parlamentsklub abtreten. Die neue SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner möchte die Fraktion allein anführen. "Es ist okay", sagt Schieder. Auch wenn er zugibt, dass er "durchaus noch gern weitergemacht" hätte.

"Ein Häuflein Elend"

Die Stimmung im Klub ist nun durchwachsen, erzählen rote Abgeordnete. Für viele kam der Rückzug Schieders völlig überraschend. "Wie ein Häuflein Elend stand er vor uns und hat plötzlich erklärt, dass er den geschäftsführenden Klubvorsitz abgibt", schildert ein Parlamentarier seine Wahrnehmung der Klubsitzung am Dienstagnachmittag. Mit einer "bewusst emotionalen" Ansprache habe Schieder dann eine "Stimmung der allgemeinen Betroffenheit" erzeugt.

Eine Handvoll Wiener Abgeordnete, die offenbar eingeweiht waren, haben sich sofort mit ihm solidarisch erklärt. Dankesreden folgten. Sein Mandat behält Schieder, künftig wolle er sich verstärkt um die außenpolitischen Agenden des Klubs kümmern, sagt er. Rendi-Wagner werde trotz des kleinen Schocks vom ganzen Klub unterstützt, ist eine Parlamentarierin überzeugt. "Auch wenn einige perplex waren, es versteht ja jeder, dass sie sich ihr Team neu zusammenstellt."

Roter Skeptiker in Wien

Skeptisch sind dennoch einige Sozialdemokraten. Vor allem in Wien, der größten Bastion des sogenannten rechten Flügels der SPÖ. Rendi-Wagner wird dem Dunstkreis Kerns und damit den progressiven Linken in der Partei zugerechnet.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig ließ am Mittwoch dann auch gleich mit einer zwischen den Zeilen eindeutigen Warnung aufhorchen: "Ich persönlich glaube, es ist eine sehr starke persönliche Belastung, den Parteivorsitz und den Klubvorsitz zu machen, aber das ist ihre Entscheidung". Was er damit wohl sagen will: Ein geschäftsführender Klubchef (aus Wien) an Rendi-Wagners Seite würde nicht schaden. Dann bekräftigte er erneut: Auch die Wiener SPÖ stehe freilich ganz stark hinter der neuen Vorsitzenden.

Ähnlich gespalten sind die Meinungen bezüglich des Wechsels an der Spitze der Bundesgeschäftsstelle. Der Steirer Max Lercher musste Thomas Drozda weichen. Lercher ist parteiintern und in den Ländern, die sich durch ihn vertreten sahen, recht beliebt. Drozda hingegen gilt wie Rendi-Wagner als Teil der Kern-Truppe – als Bundeskanzler hatte der scheidende Vorsitzende beide in seine Regierung geholt.

Weniger Geld für Schieder

"Gibt es personelle Veränderungen, gibt es immer welche, die ihre Pfründe schützen und um Machtpositionen rittern, aber das legt sich dann auch schnell wieder", wiegelt eine Abgeordnete ab. Im Klub sei nicht nur Drozda, sondern auch Rendi-Wagner bis vor kurzem "wenig Platz eingeräumt" worden – und nun stünden alle hinter ihr. "Bevor Strukturen nachhaltig verändert werden, werden sie verteidigt."

Schieder wird übrigens keine finanzielle Sonderregelung bekommen – und somit bald wesentlich weniger verdienen. Seine Sprecherin versicherte am Mittwoch, dass er künftig nur noch seinen einfachen Abgeordnetenbezug in der Höhe von 8897,10 Euro erhalten werde. Das Klubchef-Gehalt in Höhe von 15.108,10 Euro geht dann an Rendi-Wagner. (Katharina Mittelstaedt, 26.9.2018)