Wien – Jeder fünfte Arbeitnehmer, der schwul, lesbisch, bi- oder transsexuell ist, will sich in der Arbeit bewusst nicht outen – zumeist aus Angst vor sozialer Benachteiligung. Das zeigt eine aktuelle Studie des Meinungsforschungsinstituts Sora, für die knapp 1.300 Menschen befragt wurden. Die Erhebung macht auch deutlich: Die Sorge ist nicht unbegründet. Rund 42 Prozent der Teilnehmer der Onlinebefragung berichten, dass am Arbeitsplatz aufgrund ihrer sexuellen Orientierung über sie getuschelt wird oder bereits Gerüchte verbreitet wurden. Rechtlich lässt sich dagegen kaum etwas tun.
"Bei harten Formen der Diskriminierung ist das Arbeitsrecht wichtig. Sehr oft findet Diskriminierung aber in einem Bereich statt, der juristisch nicht greifbar ist", sagt Sybille Pirklbauer, die in der Arbeiterkammer – dem Auftraggeber der Studie – für den Bereich Frauen- und Familienpolitik zuständig ist. Die Arbeitnehmervertretung will deshalb Bewusstsein schaffen, vor allem bei Arbeitgebern und Betriebsräten. "Es geht um Vorbildwirkung und einen offenen Umgang mit dem Thema", so Pirklbauer.
Bis zu 300.000 Arbeitnehmer sind LSBTI
An die Arbeiterkammer selbst würden sich kaum Betroffene wenden. Oft sei die Angst zu groß, gekündigt zu werden, glaubt Pirklbauer. Die Studie soll nun aber Grundlage für weitere Initiativen bieten. Auch die Politik könne mit einer breiten Definition von Familie einen wichtigen Beitrag gegen Diskriminierung leisten, die türkis-blaue Bundesregierung bezeichnet Pirklbauer diesbezüglich jedoch als "wohl eher zurückhaltend" .
Schätzungen zufolge arbeiten in Österreich zwischen 200.000 und 300.000 Menschen, die in zumindest eine Kategorie der Abkürzung LSBTI fallen – die also lesbisch, schwul, bi-, trans- oder intersexuell sind. Die Sora-Studie zeigt, dass vor allem bisexuelle Männer (42 Prozent) ihre sexuelle Orientierung am Arbeitsplatz geheim halten oder die Kollegen in falschem Glauben lassen. Am häufigsten geoutet sind lesbische Frauen.
Weniger Gesprächsthemen
Sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nicht geoutet, beschränkt sie das im Umgang mit den Kollegen: Geoutete Befragte haben durchschnittlich sechs private Themen, über die sie sprechen, nicht geoutete Befragte haben lediglich drei angegeben. (Katharina Mittelstaedt, 27.9.2018)