Wer wird Spitzenkandidat für die nächste Wahl? Die Wiener Grünen haben sich für die Suche einen neuen Modus überlegt. Nun wurde die nächste Hürde genommen.

Foto: Standard

Marihan Abensperg-Traun, David Ellensohn, Birgit Hebein, Benjamin Kaan und Peter Kraus.

Foto: APA/Jaeger

Wien – Die Wiener Grünen sind einen Schritt weiter bei der Suche nach einem Spitzenkandidaten für die nächste Gemeinderatswahl. Neun Bewerber hatten sich auf spitzenwahl.wien registriert, um die Nachfolge Maria Vassilakous anzutreten. Bis 17 Uhr hatten sie am Dienstag Zeit, genügend Unterstützer für ihre Kandidatur zu finden.

Fünf der neun Bewerber haben diese Hürde geschafft und die Kriterien erfüllt: Mindestens 100 Unterstützungserklärungen brauchten neue Bewerber, die bisher nicht mehr als eine Periode im Gemeinderat tätig waren, mindestens 50 davon müssen Mitglieder der Grünen sein. Für Klubchef David Ellensohn, der schon die dritte Perioden in Folge im Gemeinderat aktiv ist, verdoppelte sie die Zahl der erforderlichen Unterstützer.

APA

Bezirksrat und Oberärztin im Rennen

Ausreichend Erklärungen haben neben den drei etablierten und bereits im Gemeinderat vertretenen Abgeordneten Ellensohn, Birgit Hebein und Peter Kraus der Bezirksrat Benjamin Kaan aus Meidling und Oberärztin Marihan Abensperg-Traun erhalten.

Am Mittwoch präsentierten die fünf Kandidaten ihre Vorstellungen und Ideen. Abensperg-Traun, Ärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie, ist dem Aufruf zur Kandidatur von Quereinsteigern gefolgt, weil ihrer Meinung nach Politik alle angeht. Sie will sich für eine Ökologisierung der Stadt, Begrünungsmaßnahmen, einen Ausbau der Öffis und Initiativen im Bereich Nachbarschaftshilfe einsetzen.

Ellensohn betonte, man kandidiere nicht gegeneinander, sondern miteinander. "Wir sind eine erfolgreiche Projektpartei geworden", sagte er und nannte als Beispiel das 365-Euro-Jahresticket. Er will aber zu den Ursprüngen zurückkehren und wieder mehr in Richtung Protestpartei gehen. Zu kritisieren gebe es etwa Novomatic, Immobilienhaie und die Bundesregierung.

"Leiwandes Wien" nicht "Zerstörern" überlassen

Hebein will "wieder die Begeisterung auslösen für die grüne Partei". Ökologie und Soziales müsse man miteinander denken. Ihre Stärke liege darin, alle Beteiligten an einen Tisch zu holen – und erst dann aufzustehen, wenn es eine gute Lösung für alle gebe. Als Beispiel nannte sie die Verhandlungen für eine Mindestsicherung in Wien. Kritik übte sie an Türkis-Blau und sagte: "Wir können diesen Gesellschaftszerstörern sicher nicht unser leiwandes Wien überlassen."

Benjamin Kaan, aufgewachsen in Graz und tätig in der Biolebensmittelbranche, bezeichnete die Spitzenwahl als eine große Chance: "Wenn man Veränderung möchte, braucht man Mut und muss sich einbringen." Er tritt für eine Citymaut und gegen den Lobautunnel auf. In anderen Bereichen ist er dafür, Inhalte nachzuschärfen. "Multikulti braucht einen gemeinsamen Nenner." Es benötige Maßstäbe – etwa bei Rechten für Frauen oder freier Meinungsäußerung.

Peter Kraus präsentierte seine Idee eines Thinktanks namens "Mein Plan für Wien" – er fordert Bürgerinnen und Bürger dazu auf, die 100 mutigsten Ideen für Wien einzuschicken. Auch ihm geht es darum, ein Gegenmodell zu Türkis-Blau zu entwickeln. Besonders einsetzen möchte er sich für leistbares Wohnen und dafür, die Schere zwischen Reich und Arm zu schließen. Außerdem möchte er Maßnahmen gegen Hitzephasen in Wien setzen. Es soll keine Wiener Straße mehr ohne Baum geben.

Hearings und Briefwahl

Gewählt wird im nächsten Schritt per Brief. Rund 3.300 Personen sind stimmberechtigt, darunter circa 1.400 grüne Mitglieder, die restlichen haben sich auf spitzenwahl.wien als Wähler registriert, was noch bis zum 18. Oktober möglich ist.

Im Lauf des Oktober finden Hearings mit den Kandidaten statt, unter anderem am 9. Oktober im Odeon. Das Prozedere der Spitzenwahl wenden die Wiener Grünen heuer zum ersten Mal an. Bisher haben sie stets durch eine Wahl bei der Landesversammlung über die Nummer eins entschieden. (rwh, 3.10.2018)