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Fan Bingbing muss hundert Millionen Euro Strafe zahlen

Foto: Reuters/Gaillard

Drei Monate war Chinas weltberühmte Schauspielerin Fan Bingbing seit ihrem letzten öffentlichen Auftritt am 1. Juli verschwunden. Mehr als 62 Millionen schockierte Fans und Follower ihrer Weibo-Webseite verlangten vom Staat zu wissen, wo denn der Filmstar abgeblieben sei. Nun erhielten sie Aufklärung von den Steuerbehörden von Peking und der Provinz Jiangsu, wo Fan in der Stadt Wuxi Studios und Filmfirmen unterhält. Seit Juni würden sie wegen Steuerbetrugs gegen den Filmstar ermitteln, der unter ihrer Aufsicht stehe. Ein Urteil sei schon gefallen: Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge müsse die 37-Jährige umgerechnet rund hundert Millionen Euro an Steuerstrafen und Steuernachzahlungen berappen. Wenn sie aus freien Stücken zahle, wollten die Behörden von weiterer Strafverfolgung absehen.

Es ist die bisher höchste Steuerstrafe in der Filmbranche der Volksrepublik. In Chinas zentralen CCTV-Mittagsnachrichten wurden am Mittwoch nicht nur ausführlich die Beschuldigungen der Steuerbehörden gegen Fan verlesen – es wurde auch auf ihre "Bitte um Verzeihung" verwiesen. Auf ihrer Webseite schreibt Fan, sie habe alle Selbstkontrolle verloren. "Ich empfinde tiefe Scham." Sie sei bereit, ihre Steuerstrafen zu zahlen. Sie werde alle Schwierigkeiten überwinden und das Geld dafür auftreiben. Wie bei allen öffentlichen Reuegeständnissen, die in China abgegeben werden, fehlt auch bei Fan nicht der Satz: "Ohne die gute Politik der Partei und des Staates, ohne die Liebe der Volksmassen gibt es keine Fan Bingbing."

Yin-Yang-Verträge

Trotz des Feiertags in China verbreitete sich die Nachricht am Mittwoch im Netz, löste bei Bloggern Verblüffung und Proteste aus und auch die Frage, warum Fan angesichts der gigantischen Summen straffrei ausgeht. Die Behörden werfen dem Filmstar vor, über sogenannte Yin-Yang-Verträge ("Hell-Dunkel-Verträge") massiv Steuern hinterzogen zu haben. Gemeint sind weitverbreitete Praktiken in der Filmbranche, Starschaupielern und Regisseuren zwei Verträge auszustellen, von denen die Steuer nur den niedriger dotierten zu sehen bekommt.

Die Steuerbehörde nannte im Fall Fan zwei Beispiele: Sie habe für ihren 2006 gedrehten Spielfilm "Explosion" 30 Millionen Yuan (vier Millionen Euro) Gage erhalten, aber nur zehn Millionen Yuan versteuert. Ihre Firmen in Jiangsu hätten 248 Millionen Yuan zu wenig an Steuern gezahlt.

Insgesamt verlangt die Behörde mit bis zu vierfachen Strafzuschlägen weit mehr als 800 Millionen Yuan an Nachzahlungen. Fan wird zugutegehalten, dass sie das erste Mal in Steuerprobleme verwickelt sei. Daher entgehe sie Strafverfolgung und Haft. Einer ihrer Manager, der den Steuerbetrug des Studios vertuschen wollte, wurde dagegen festgenommen. Peking ermittelt auch gegen die Steuerbehörde von Jiangsu, jahrelang ihrer Pflicht zur Überprüfung der Steuerzahlungen nicht nachgekommen zu sein.

Frist für Filmbranche

An Fan, die sich mit 55 Filmen und dutzenden Fernsehshows internationalen Ruhm erwarb und auch in der Hollywood-Serie "X-Men" mitspielte, soll ein Exempel statuiert werden. Ihre öffentliche Anprangerung als Steuersünderin ging einher mit der im Fernsehen verlesenen Aufforderung an die gesamte Filmbranche, sich bis 31. Dezember 2018 bei den Behörden zu melden und aus freien Stücken anzugeben, wenn Steuern hinterzogen wurden. So könnte man Geldbußen und Strafverfolgung entgehen.

Die Steuerprobleme des chinesischen Megastars seien von den "Volksmassen" angezeigt worden, schreibt Xinhua. Tatsächlich aber hatte Fernsehmoderator Cui Yongyuan während eines online ausgetragenen hitzigen Streit mit seinen Kollegen vom Film ausgeplaudert, dass Fan wie viele andere in ihrer Branche Yin-Yang-Verträge erhalten habe. Obwohl Cui seine Beschuldigung bald wieder zurückzog, setzte er die staatlichen Steuerbehörden auf die Fährten einer Branche, in der extreme Gagen gezahlt werden – und dazu noch steuerfrei. (Johnny Erling aus Peking, 3.10.2018)