Erlangen – Üblicherweise befällt es Pferde und Schafe, das klassische Bornavirus (BoDV-1). Es kann aber auch bei gesunden Menschen tödliche Gehirnentzündungen auslösen. Zu diesem Ergebnis kommen Forscher vom Virologischen Institut des Universitätsklinikums Erlangen in einer aktuellen Analyse. "Die von uns untersuchten tödlichen Krankheitsfälle zeigten das Krankheitsbild einer schweren Gehirnentzündung, die eindeutig von einer Bornavirus-Infektion ausgelöst wurde", sagt Studienleiter Armin Ensser.

Das Krankheitsbild habe große Ähnlichkeit mit der Bornaschen Krankheit bei Pferd und Schaf sowie mit den sehr seltenen Bornavirus-Infektionen bei Besitzern von Bunthörnchen. Nach heutigem Wissensstand ist das ursächliche Bornavirus regional begrenzt in Teilen Ost- und Süddeutschlands, Österreichs, der Schweiz und Liechtensteins verbreitet. "Bei Patienten mit schweren neurologischen Erkrankungen sollte daher das Bornavirus insbesondere in diesen Risikogebieten als möglicher Erreger berücksichtigt werden", betont Ensser.

"Die Dunkelziffer von Bornavirus-Infektionen bei tödlichen Gehirnentzündungen ist unbekannt, da die Infektion bislang bei Routineuntersuchungen nicht in Betracht gezogen wurde." Weitere Forschungen sollen nun klären, wie häufig Bornavirus-Infektionen beim Menschen tatsächlich sind, wie das Virus rechtzeitig diagnostiziert und der tödliche Infektionsverlauf verhindert werden kann. Derzeit gibt es noch keine zugelassene antivirale Therapie.

Virus nachweisen

Nachdem zwei Patienten ohne bekannte Risikofaktoren und trotz intensiver Behandlung an einer schweren Gehirnentzündung unbekannter Ursache verstorben waren, hatten die Forscher aus Erlangen Gewebeproben mit Hilfe des Next-Generation-Sequencing-Verfahrens untersucht. Dazu wurden die RNA-Sequenzen von Millionen von RNA-Molekülen bestimmt und bioinformatisch mit Sequenzdatenbanken bekannter Pathogene verglichen.

So konnten die Wissenschaftler im Gehirn eines der verstorbenen Patienten große Mengen der Erbsubstanz eines Virus nachweisen. Die Nukleinsäuresequenz dieses Virus war eindeutig dem klassischen Borna-Disease-Virus 1 (BoDV-1) zuzuordnen. In anschließenden Analysen konnte die Diagnose einer Bornavirus-Infektion durch Antigennachweis bzw. durch den Nachweis virusspezifischer Antikörper im Patientenserum eindeutig bestätigt werden.

Von einer anderen Forschergruppe konnte das Bornavirus auch bei drei Empfängern von Spenderorganen eines postmortalen Organspenders nachgewiesen werden, der als Virusüberträger gilt. Zwei der immunsupprimierten Organempfänger verstarben im weiteren Verlauf, der Dritte überlebte mit schweren Gehirnschäden.

Infektion sehr unwahrscheinlich

Die Wissenschafter betonen, dass die untersuchten Fälle keine Bestätigung der in der Vergangenheit veröffentlichten Studien zu einem weitverbreiteten Vorkommen von BoDV-1-Infektionen beim Menschen und bei bestimmten neuropsychiatrischen Erkrankungen darstelle. "Insbesondere waren – außer im Gehirn – kein Virus und keine Virusbestandteile in anderen Geweben und Körperflüssigkeiten nachweisbar, sodass eine Übertragung des Virus über normale zwischenmenschliche Kontakte auszuschließen ist", sagt Ensser. Alle Patienten und der Organspender stammten aus einem der bekannten Verbreitungsgebiete von BoDV-1.

Die "hitzige Kopfkrankheit der Pferde", die durch das Virus der Bornaschen Krankheit ausgelöst wird, wurde erstmals 1813 beschrieben. Ihren Namen erhielt die Krankheit 1894, als ein ganzer Stall voller Kavalleriepferde in der Stadt Borna erkrankte. Das natürliche Reservoir des Bornavirus ist die Feldspitzmaus. Bisher war bekannt, dass das Virus von Spitzmäusen über den Urin und Speichel ausgeschieden und gelegentlich auf andere Säugetiere übertragen wird, bei denen es dann zur Bornaschen Krankheit kommen kann.

Vor allem Pferde und Schafe sind davon betroffen. Während infizierte Feldspitzmäuse keine Anzeichen einer Erkrankung zeigen, befällt das Virus bei anderen Säugetieren das zentrale Nervensystem und es kommt, wahrscheinlich durch den Angriff von körpereigenen Immunzellen, zu Zerstörungen im Gehirn. Eine Übertragung des Virus von infizierten Pferden oder Schafen untereinander oder auf andere Säugetiere wurde bisher nicht nachgewiesen. (red, 4.10.2018)