Die einen sind erleichtert, die anderen toben. Die Rollenverteilung scheint einem eingeübten Drehbuch zu folgen, wenn es um Uni-Zugangsbeschränkungen geht.

Sieben weitere Fächer können an der Uni Wien ab nächstem Herbst nur von jenen belegt werden, die es über die Eingangshürde schaffen – im Wesentlichen ein schriftlicher Test, beim Lehramtsstudium kommt ein Eignungsinterview dazu. Angehende Chemikerinnen, Juristinnen, Anglistinnen, Übersetzerinnen, Soziologinnen, Politikwissenschafterinnen oder Kultur- und Sozialanthropologinnen müssen also schon sehr überzeugt sein vom Studium ihrer Wahl.

Oder Glück haben. Oder über Geld für einen teuren Vorbereitungskurs verfügen, bemängeln Kritiker. Die Einwände sind berechtigt. Natürlich soll ein hoch motivierter Chemie-Aspirant nicht an einer schlechten Tagesverfassung scheitern. Selbstverständlich können private Geschäftemacher nicht die Weichen für künftige Topjuristinnen stellen. Möglich sind solche unerwünschten Nebeneffekte.

Nicht nur möglich, sondern ganz konkret ist etwas anderes: Im Fach Jus stehen einem Lehrenden 87 Studierende gegenüber. Auch in Chemie ist die Situation angespannt: Die Anfängerlabore sind hier für rund 250 Studierende ausgerichtet, nicht für die 700, die sich in den vergangenen Jahren im Schnitt für das Studium entschieden haben. Es ist so banal wie international üblich: Wer eine qualitätsvolle Ausbildung anbieten will, muss dafür die geeigneten Rahmenbedingungen schaffen. Das ist in manchen Fächern derzeit nicht der Fall. Mit dem Effekt, dass ein begonnenes Studium noch lange nicht zum Abschluss führt: In Jus liegt die Dropout-Rate aktuell bei rund 72 Prozent.

Beschränkungen die logische Konsequenz

Es ist eben so, dass auch Universitäten nicht losgelöst von Kapazitätsgrenzen agieren können. Wenn der Qualitätsanspruch nicht zur Floskel verkommen soll, sind Zugangsbeschränkungen die logische Antwort. Jedenfalls dann, wenn es offenbar keinen politischen Konsens darüber gibt, das Uni-Budget so deutlich anzuheben, dass Österreich in Sachen Akademikerquote endlich auf EU-Niveau aufschließen kann. Einige Fächer haben bereits Aufnahmetests. Jetzt werden quer durch alle Universitäten weitere Studienrichtungen folgen.

Mehr Geld gibt es dennoch. In Wien werden damit unter anderem 40 neue Professuren finanziert. Auch das wird der Qualität des Studiums guttun.

Das Plädoyer für den "freien" Hochschulzugang klingt zwar sozial, die tatsächliche Barriere für bildungsferne, sozial oder ökonomisch benachteiligte Kinder wird allerdings an einer anderen Stelle des Bildungssystems errichtet: in der vierten Klasse Volksschule. Hier entscheidet sich, wer ans Gymnasium darf – die, deren Eltern genug Druck machen? – und wer in der Mittelschule landet. So mancher ist mit zehn Jahren noch kein Überflieger. Bereits hier wird vielen Jungen der Zugang zum Studium verbaut.

Konsequent weitergedacht, müsste mit dem Paradigmenwechsel hin zur Studienplatzfinanzierung die Zentralmatura überdacht werden. In ihrer jetzigen Form stellt sich damit jedenfalls die Sinnfrage. Sie sollte entweder detaillierte Auskunft über Stärken und Schwächen der Absolventen geben und damit aussagekräftige Variable für die Zulassung zur Universität sein. Oder ganz abgeschafft werden.

Wozu braucht es an der Drehtür von der einen in die andere Bildungsinstitution gleich zwei Türstopper? (Karin Riss, 4.10.2018)