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Immobilien als Kulisse bei Ausschreitungen und Demonstrationen: Wie sich das auf den Immobilienmarkt auswirkt, lässt sich kurzfristig noch nicht sagen.

Foto: AP/Jens Meyer

Ende August kam es im ostdeutschen Chemnitz zu Ausschreitungen von Rechtsradikalen. Sie griffen Menschen, bei denen sie einen Migrationshintergrund vermuteten, und ein jüdisches Lokal an. Das brachte der 250.000-Einwohner-Stadt in Sachsen weltweit Schlagzeilen. Und Chemnitz kommt auch weiterhin nicht zur Ruhe: Erst vor wenigen Tagen wurden dort mutmaßliche Rechtsterroristen festgenommen, die eine Terrorzelle gegründet haben sollen.

Das macht nicht nur der Politik Sorgen. Wie sich all das auf den Markt auswirken könnte, beschäftigt auch die Immobilienbranche. "Wir würden heute nicht mehr nach Chemnitz gehen", wurde ein Berliner Rechtsanwalt beispielsweise vor kurzem in der deutschen "Immobilienzeitung" zitiert.

Der Anwalt begleitet Investoren aus Asien, den USA, Großbritannien und Israel auf dem deutschen Immobilienmarkt. Nach den Ausschreitungen soll vielen aber die Lust an Immobilieninvestments dort vergangen sein. Andere im Artikel zitierte Investoren sahen das zwar weniger dramatisch. Klar ist aber: Die Ausschreitungen sorgen zumindest für Verunsicherung.

Attraktiver Markt

Dabei haben sich Investoren Chemnitz in den letzten Jahren durchaus angeschaut: Mit den Wohnimmobilienpreisen war es bergauf gegangen, wie ein Marktbericht von TAG aus 2017 zeigt. Im ersten Quartal lagen die Quadratmeterpreise im Neubau bei 2150 Euro, das bedeutete ein Plus von nicht verachtenswerten 46,6 Prozent seit 2012. Die Neubauleistung war allerdings niedrig, die Leerstandsraten in manchen Stadtteilen immer noch hoch.

In Österreich beurteilt man die möglichen Auswirkungen auf den Immobilienmarkt der ostdeutschen Stadt unterschiedlich. Franz Pöltl, Investmentchef bei EHL Immobilien, glaubt etwa nicht, dass sich die Ausschreitungen groß auf Investments auswirken werden.

Die österreichische S Immo AG, die in Ostdeutschland aktuell in Leipzig, Halle und Erfurt Immobilien besitzt, hat sich in der Vergangenheit auch Chemnitz angeschaut und dort Kaufoptionen geprüft. "Allerdings hat es uns bis dato nicht überzeugt", heißt es vonseiten des Unternehmens zum STANDARD. Ob die rechtsradikalen Ausschreitungen Auswirkungen auf den Immobilienmarkt haben, sei so kurzfristig schwer zu beurteilen: "Wir halten es aber für tendenziell unwahrscheinlich."

Denn Mieter würden nicht ausziehen, nur weil in der Stadt demonstriert wird, und Investoren würden deshalb keine Häuser verkaufen. "In unseren Märkten spüren wir definitiv keinen Rückgang bei der Mietnachfrage oder auf dem Investmentmarkt", heißt es weiters.

Regionale Verschiebung

Christoph Lukaschek, Investmentexperte bei Otto Immobilien, unterscheidet zwischen Veränderungen auf politischer Ebene – etwa indem populistische Regierungen an die Macht kommen – und Ausschreitungen wie eben in Chemnitz. Ersteres sei für Investoren bei entsprechender wirtschaftlicher und politischer Stabilität in der Regel kein zu großes Thema – das sieht man beispielsweise in Ungarn, das bei Investoren hoch im Kurs steht.

Auf Ausschreitungen wie in Chemnitz würden private Investoren am ehesten im Wohnbereich reagieren. Allerdings bedeute das nicht, dass sich Investoren aus einem Land zurückziehen. "Es kann in solchen Situationen zu regionalen Verschiebungen kommen", sagt Lukaschek. Mittelfristige Auswirkungen seien schwer abschätzbar. Lukaschek hielte es aktuell aber nicht für ratsam, in Chemnitz mit einer Immobilie in die Vermarktung zu gehen. (zof, 9.10.2018)