Die Aquarius legte nach einem Angriff durch Identitäre auf das Büro der Hilfsorganisation SOS Méditerranée in Marseille am Freitag an einem abgelegenen Ort mit zusätzlichen Kontrollpunkten an.

Foto: Bianca Blei

Als Vorsichtsmaßnahme wurden zudem die Türen verriegelt.

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Vertreter des französischen Ablegers der rechten Identitären-Bewegung haben am Freitagnachmittag das Büro der Hilfsorganisation SOS Méditerranée in Marseille gestürmt. Zum Zeitpunkt des Vorfalls befanden sich etwa fünf bis sechs Mitarbeiter der NGO vor Ort. Sie verschanzten sich in einem Raum und warteten auf das Eintreffen der Polizei. Die Exekutive nahm vor Ort 22 Menschen vorläufig fest. Laut SOS Méditerranée geht es den betroffenen Mitarbeitern gesundheitlich gut – sie stehen allerdings unter Schock.

Die Hilfsorganisation betreibt gemeinsam mit der NGO Ärzte ohne Grenzen (MSF) das Such- und Rettungsschiff Aquarius 2, das am Donnerstag in Marseille eingelaufen ist. Die ersten Mitarbeiter des Teams haben das Boot bereits verlassen, da es auf unbestimmte Zeit im Hafen festsitzt. Panama hatte vor rund zwei Wochen angekündigt, dem Schiff die Flagge zu entziehen. Als Grund wurde unter anderem Druck aus Italien genannt. Das bestritt der italienische Außenminister Matteo Salvini von der rechten Lega.

Strengere Kontrollen wegen Hasses in sozialen Medien

Am Freitagnachmittag wurde das Boot schließlich verriegelt. Nur noch eine Tür öffnet sich auf das Deck, alle anderen Türen sind verschlossen. Es handelt sich um eine Vorsichtsmaßnahme, sagt Laura Garel, Pressesprecherin von SOS Méditerranée an Bord. Die Riegel sind eine direkte Reaktion auf den Protest der "Génération Identitaire", doch bereits zuvor hatten die Schiffsbetreiber die Sicherheitsmaßnahmen verschärft.

Stand die Aquarius 2 vor rund zweieinhalb Wochen noch sehr exponiert im Hafen von Marseille, befindet sich das Schiff nun an einem abgelegenen Ort mit zusätzlichen Kontrollpunkten. "Bereits auf hoher See haben wir diese Maßnahmen geplant", erzählt Garel. Der Hass in den sozialen Medien sei ein Mitgrund dafür gewesen, ebenso wie der wachsende Bekanntheitsgrad des Schiffs.

Auch ein Polizeiboot wird nach dem Angriff der französischen Identitären in der Nähe der Aquarius 2 patrouillieren, um auf mögliche weitere Attacken reagieren zu können.

Identitäre sprechen von "friedlichen Protesten"

Die Identitären haben sich indessen mit einer Presseaussendung an die Öffentlichkeit gewandt. Sie sprechen von "friedlichen Protesten" ihrer Mitglieder und bezichtigen SOS Méditerranée, mit Menschenhändlern gemeinsame Sache zu machen. Die Aquarius 2 würde den Schmugglern helfen, indem sie den Weg der Menschen nach Europa verkürzt.

Die Besatzung der Aquarius hat in der Vergangenheit immer wieder betont, Menschen aus Seenot zu retten und das Seerecht zu respektieren. Man könne die Geretteten nur nicht an unsichere Orte bringen, da das gegen geltende Gesetze verstoßen würde. Libyen gilt als eben so ein Ort. (Bianca Blei aus Marseille, 5.10.2018)