Nur Satire im ORF: Der Bimaz ("Bester Innenminister aller Zeiten") zitiert Journalisten und Politiker zur Standpauke in sein Büro. In "Willkommen Österreich" mimt Christoph Grissemann Herbert Kickl.

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Der Pressesprecher des Innenministeriums (BMI) hat kürzlich den Pressesprechern der Landespolizeikommanden "seinen Wunsch mitgeteilt", dass die Polizei bei der Informationsarbeit differenzieren möge. Bestimmte Medien würden seiner Ansicht nach "sehr negativ" über das BMI oder die Polizei berichten. Diesen Medien solle nur das mitgeteilt werden, was ihnen juristisch mitgeteilt werden müsse. Die Informationspolitik soll zwischen "guten" und "bösen" Medien differenzieren, soweit es dafür rechtliche Spielräume gebe. Keine Zuckerln für die Bösen!

Der Pressesprecher vermeint also, staatlichen Behörden komme in rechtlich nicht explizit geregelten Bereichen Entscheidungsfreiheit zu, die sie dazu nützen könnten, bestimmte Medien wegen unerwünschter Berichterstattung schlechter zu behandeln. Diese Ansicht ist im Dunstkreis von Parteipolitik zwar nicht selten, aber falsch. Die staatliche Verwaltung ist nämlich immer und jederzeit an die Grundrechte, insbesondere an den Gleichheitsgrundsatz, also an das Verbot sachlich nicht gerechtfertigter Differenzierungen, gebunden. In einem demokratischen Rechtsstaat gibt es für die staatliche Verwaltung keinen Freiraum zur unsachlichen Differenzierung zwischen den Bürgern. Im Rechtsstaat gibt es keinen Freiraum für staatliche Willkür.

Ermessensspielräume

Die Rechtsprechung zur Vergabe von Aufträgen, Kassenplanstellen, Beamtenposten oder Subventionen ist klar: Auch dort wo Ermessensspielräume bestehen, müssen die Entscheidungen nach sachlichen, mit den Grundrechten vereinbaren Kriterien getroffen werden. So hat der Oberste Gerichtshof bei der Bestellung von leitenden Beamten mehrfach ausgesprochen, dass eine bloß aus parteipolitischen Gründen getroffene Entscheidung unsachlich und daher rechtswidrig ist. Den dadurch Geschädigten stehen Amtshaftungsansprüche zu.

Die Informationssammlung durch unabhängige Medien ist für das Funktionieren der liberalen Demokratie unerlässlich. Staatliche Informationspolitik, die nach erwünschter und unerwünschter Berichterstattung zwischen einzelnen Medien differenziert, würde gegen den Gleichheitssatz und die grundrechtlich geschützte Informationsfreiheit der Medien verstoßen. Denn die Verwaltung würde dabei Ziele verfolgen, die nicht im Allgemeininteresse, sondern bloß im eigenen oder im parteipolitischen Interesse des jeweiligen Amtsträgers liegen.

Mit seiner E-Mail wollte der Pressesprecher bei der Informationspolitik des BMI Differenzierungen aus Motiven veranlassen, die als rechtlich verpönt anzusehen sind. Wer aber als staatliches Organ andere Staatsorgane zu rechtswidrigem Verhalten bestimmen will, handelt selbstverständlich ebenfalls rechtswidrig. Entsprechend der Judikatur zu Amtshaftungsansprüchen wegen rechtswidriger Informationsarbeit, die in engem Zusammenhang mit hoheitlichem Handeln steht, stehen daher den durch die E-Mail des Pressesprechers finanziell geschädigten Medien Amtshaftungsansprüche zu.

"Selektierte" Medien

Solche finanziellen Schäden der betroffenen Medien liegen auf der Hand: Werden die Wünsche des Pressesprechers umgesetzt, erhalten die "selektierten" Medien weniger (aktuelle) Informationen, was die Attraktivität ihrer Berichterstattung für Zeitungskäufer und Inserenten mindert. Dadurch drohen Einnahmenverluste. Gerade solche Schäden durch Beeinträchtigung der Wettbewerbsposition von Medien muss der Gleichheitsgrundsatz in der pluralistischen Demokratie aber verhindern.

Bei verständiger Kenntnis der österreichischen Verwaltungsgeschichte und -praxis ist auch ohne Weisungen davon auszugehen, dass die Beamten des Innenministeriums mehrheitlich den nunmehr bekannten Wünschen des Pressesprechers, der aus dem unmittelbaren Umfeld des Ministers stammt, entsprechen werden. Das werden Inserenten und Zeitungskäufer bei ihren Entscheidungen berücksichtigen.

Da Schadenersatzansprüche durch Feststellungsklage auch geltend gemacht werden können, bevor ein Schaden beziffert werden kann, ist bereits jetzt der Rechtsweg für die "selektierten" Medien offen. Es liegt an ihnen, sie, nach vorgeschalteter Befassung der Finanzprokuratur, gerichtlich durchzusetzen und so sich selbst und die in der Demokratie essenzielle Funktion kritischer Medien rechtlich effektiv zu verteidigen. Gerade gegenüber einem Minister, der einer Partei angehört, die sich stets auf "law and order" beruft, wäre der Einsatz des Rechtsstaats, um eben diese Ordnung wiederherzustellen, das Mittel der Wahl: Gerechtigkeit für Kickl! (Karl Newole, Alexander Latzenhofer, 8.10.2018)