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Apps können spielerisch Unsportliche zu mehr Bewegung animieren. Doch die Überwachung von Gesundheitstrackern ist umstritten
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Pro: Hinweise geben

von Lisa Breit

Sie vermessen mittels Smartphone ihren Schlaf, ihre Bewegung, jedes Gramm Nahrung, das sie zu sich nehmen – und sogar den CO2-Gehalt in der Luft: die Selbstvermesser. Ihr Gründer Florian Schumacher nimmt sich regelmäßig Blut ab, um seine Ernährung zu verbessern.

Das geht meiner Meinung nach zu weit. Denn der eigene Körper sagt einem doch am besten, was er gerade braucht – wie man ihm Gutes tun kann. Was man den Gesundheitsapps allerdings lassen muss, ist, dass sie einem (sparsam eingesetzt) einen Hinweis darauf geben können. Ihre Stärke ist, dass sie schnelle Erkenntnisse liefern. Man kann sich seine Herzfrequenz beim Laufen anzeigen lassen oder wie viele Schritte man gegangen ist. Zudem sieht man den Fortschritt – das motiviert. Apps können spielerisch Unsportliche zu mehr Bewegung animieren.

Laut Wissenschaftern, die Studien aus acht Ländern analysiert haben, helfen sie sogar dabei, mit dem Rauchen aufzuhören oder abzunehmen. Bei den Studien waren die Teilnehmer über Wochen hinweg durch regelmäßige Textnachrichten motiviert worden.

Der neueste Trend sind Anwendungen, die ihre Nutzer zum Offline-Sein zwingen. Ein Beispiel ist Offtime: Man stellt ein, welche Funktionen man noch verwenden will (etwa Anrufe, SMS), den Rest legt Offtime lahm – für einen frei gewählten Zeitraum. Kommt man doch in Versuchung und klickt etwa Whatsapp an, erscheinen Mahnungen: "Jetzt ist Zeit zum Entspannen" oder "Schau dich lieber in der Gegend um". Mit mehr Technik zu weniger Technik? Klingt paradox, aber funktioniert. (Lisa Breit, 15.11.2018)

Kontra: Sich selbst nicht mehr spüren

von Karin Bauer

Das eigentliche Gift als Gegenmittel – ehrlich? Ich glaube an Homöopathie, aber Elektronik als Heilsweg aus ebendiesem ewigen elektronischen Gefängnis? Da ist der Bock der Gärtner.

Sich gesund spüren heißt abschalten. Das macht Angst und tut weh. Plötzlich raus aus den peitschenden Fluten der Informationen, nicht mehr dabei, nicht mehr dran sein. Keine Rolle, keine Bedeutung mehr im Affenspiel der Wichtigkeit. Die spontane Krankheit heißt "Fear of missing out", die Panik, etwas zu versäumen. Klar, das geschieht auch – nur: Wer sich nicht entschließt, in der elektronischen Subwelt auch mal etwas versäumen zu wollen, hat nicht abgeschaltet, sich nicht befreit aus der Unterwerfung der Lebensregelung via App, sich nicht um seine Gesundheit gekümmert.

Und genau darum geht es – um das Einüben der (regelmäßigen) Befreiung von allen vermeintlichen Dienern, die uns in Wahrheit aber gefangenhalten. Apps, die vermessen, zählen und auch noch gute Vorschläge inklusive Schlafkurven und Erinnerungspiepen von sich geben, wann und wie man sporteln sollte oder ein Glas Wasser trinken, Pause machen?

Müssen wir uns selbst so zutiefst misstrauen, dass wir nicht einmal mehr glauben zu spüren, wann wir durstig, bewegungshungrig, ruhebedürftig sind? Dürfen wir uns nicht mehr trauen, weil es dieser Industrie in die Quere kommt, oder können wir es nicht mehr? Antworten müssen wir wohl selbst finden. Und das geht nur ohne. Wow, was da alles hochkommt – und wie viel wahrzunehmen ist ohne vorgegebene oder gelenkte Gedanken. Ein Versuch lohnt sich. (Karin Bauer, 15.11.2018)