Can Dündar mit seiner Akkreditierung für die Erdoğan-Pressekonferenz, an der er aufgrund des türkischen Drucks nicht teilnehmen konnte.

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Berlin – Die Gefährdungslage für den regierungskritischen türkischen Journalisten Can Dündar hat sich seit dem Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan in Deutschland verschärft. Er lebe seitdem unter Polizeischutz, sagte Dündar am Mittwoch im Inforadio des Rbb.

"Wenn ich in der Öffentlichkeit auftreten soll, dann trifft die deutsche Polizei die nötigen Maßnahmen", sagte der im deutschen Exil lebende frühere Chefredakteur der Zeitung "Cumhuriyet". "Sie tun alles, damit ich mich sicher fühle. Darüber hinaus kann man sich gegen so einen großen Hass nirgendwo auf dieser Welt richtig wehren."

Auslieferung gefordert

Erdoğan hatte Dündar während seines Deutschland-Besuchs Ende September erneut als Spion bezeichnet und seine Auslieferung gefordert. Dündar wurde 2016 in seiner Heimat wegen eines Berichts über geheime Waffenlieferungen der Türkei an islamistische Rebellen in Syrien zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Am Mittwoch geht gegen ihn in Istanbul der Prozess in einem weiteren Verfahren weiter.

Im Rbb-Inforadio übte Dündar erneut scharfe Kritik an der Situation in der Türkei. Journalisten würden dort immer noch bedroht und verfolgt: "Es gibt eine Grausamkeit gegen die Journalisten in der Türkei", sagte Dündar. "Ich kenne diese Tradition: Wenn du mit einem Journalisten nicht fertigwerden kannst, dann töte ihn. Deshalb kann niemand sagen, dass regierungskritische Journalisten in der Türkei sicher leben." (APA, 10.10.2018)