Rund um die Wiener Nordbahnhofhalle entsteht ein neues Viertel. Wie die Wiener wohnen, ist für Peter Kraus die zentrale Frage der Zukunft.

Foto: Christian Fischer

Oft würde dem 31-jährigen Kraus vorgeworfen, er wäre zu nett. "Das ist, was es braucht, man muss Veränderung auch mit einem freundlichen Gesicht ausdrücken können."

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Peter Kraus spaziert über die Gleise nahe dem gerade entstehenden neuen Nordbahnhofviertel, klettert über die Gstätten neben der Veranstaltungshalle und lächelt. Der mit 31 Jahren junge Gemeinderat und Kandidat für die Spitzenwahl bei den Wiener Grünen ist der "Feel good" -Bewerber unter den fünf, die es auf die Liste für die Wahl im November geschafft haben – das wird ihm zumindest nachgesagt. "Man braucht einen gewissen Drive und Begeisterung, um aus dem jetzigen Zustand auszubrechen. Für die Grünen war es ein traumatisches Erlebnis, aus dem Nationalrat zu fliegen." Nun müsse man "Leidenschaft entwickeln und mit guter Stimmung aufbrechen". Oft würde dem 31-Jährigen vorgeworfen, er wäre zu nett. "Das ist, was es braucht, man muss Veränderung auch mit einem freundlichen Gesicht ausdrücken können."

Grüne Wien

Freundlich klingt auch die Antwort auf die Frage, für wen Kraus Politik macht: "Für die, die ein Interesse daran haben, dass wir – bei allen Unterschieden – eine gut zusammenhaltende Gesellschaft haben." Seine Kampagne, das betont der Jugendsprecher oft, wird von einer Bewegung von Ehrenamtlichen getragen. Den Vergleich mit dem Wahlkampf von Kanzler Sebastian Kurz hört Kraus jedoch nicht gern: "Die Grünen waren immer eine Bewegung, das liegt in unserer DNA", sagt Kraus. Grüne Politik würde nicht in Parteizentralen gemacht, sondern von vielen getragen. "Bewegung bedeutet ja, dass sich Menschen für etwas begeistern und engagieren."

Wohnen als zentrale Frage

Die Stärke von Wien sieht Kraus darin, dass durch den geförderten Wohnbau ein sozialer Ausgleich geschaffen würde. Bis 2020 will er daher 20.000 leistbare Wohnungen auf den Weg bringen. Dafür habe die Stadt zwar Ressourcen. Kraus will aber auch andere Modelle prüfen. Etwa, in Anlehnung an die Bürgersolarkraftwerke, die Beteiligung von Einzelnen. "Wiener, die Geld haben und es veranlagen wollen, sollen das im sozialen Wohnbau können, etwa über einen Fonds, in den man einzahlt und eine gewisse Rendite zurückbekommt."

Wie Leute in Wien leben und "wie leistbares Wohnen und bezahlbare Mieten garantiert werden" ist für Kraus die zentrale soziale Frage in den nächsten Jahrzehnten. Neben dem Vorantreiben des städtischen Wohnbaus will er sich, sofern er sich gegen die internen Konkurrenten um die Nachfolge von Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou durchsetzt, auch für die Regulierung des privaten Wohnungsmarkts einsetzen. "Wir brauchen ein neues Mietrecht, ohne Befristungen und wo jedes Wohnprojekt nach 25 Jahren, egal wann das Haus gebaut wurde, unter das Mietrechtsgesetz fällt. Mit klaren Obergrenzen und Zu- und Abschlägen." Das Problem: Es handelt sich um Bundesmaterie. "Wenn das die Bundesregierung nicht hinbekommt, muss Wien jede Möglichkeit ausschöpfen, dass der Bereich so weit wie möglich Landeskompetenz wird."

Grüner Grundriss

Die Grundlagen für das Zusammenleben der Stadt würden im grünen Stadtplanungsressort gelegt. "Die Grünen zeichnen den Grundriss in dieser Stadt." Viele Fragen, wie Integration, Umweltschutz oder soziale Begegnungsräume, würden darauf aufbauen. Weshalb Kraus es auch zum "Klimaschutzressort" umbauen will. "Die Sommer werden heißer, und wir müssen uns stärker überlegen, wie weitere Ökologisierung stattfindet."

Er will, dass Wien europaweit darin führend wird, ökologische, leistbare Stadtteile zu bauen. Daher soll künftig etwa keine Straße ohne Baum entstehen. In bestehenden Vierteln müsse es zum Umdenken kommen. "Überall dort, wo eine Straße aufgemacht wird, etwa zum Rohrwechsel, sollen standardmäßig Bäume gepflanzt werden", wünscht sich der Grüne. Was das kostet? "Wenn man eine Million pro Jahr weglegt, hat man mehr Geld, als man braucht." (Oona Kroisleitner, 11.10.2018)