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Die Lieferung am selben Tag ist eines der Angebote, die in Österreich gestartet werden.

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Nach Uber folgt nun ein weiterer US-Riese, der Österreichs alteingesessene Betriebe vor neue Probleme stellt: Amazon hat am vergangenen Freitag ein eigenes Verteilzentrum im niederösterreichischen Großebersdorf eröffnet. Dadurch können Lieferungen noch schneller erfolgen.

Die Firma macht sich damit unabhängiger von anderen Versandunternehmen. Gleichzeitig droht das Schicksal des Buchhandels in Österreich nun auch anderen Branchen: Immer mehr Menschen bestellen online Computerteile, Reinigungsmittel, Trockenfleisch und andere Produkte bei Amazon.

Enorme Verluste

Mit der schnelleren Lieferung ist ein weiterer Anstieg zu erwarten. Für den Einzelhandel hat das desaströse Konsequenzen. Während Amazon schwarze Zahlen schreibt, musste in den USA der Kleiderkonzern Macy's von 2005 bis 2016 Verluste von rund 30 Milliarden Dollar einstecken.

Der US-Marktanalyst Bespoke Investment Group hat aus diesem Grund einen "Tod durch Amazon"-Index erstellt, bei dem der Börsenwert von 54 bedrohten Unternehmen, primär aus dem Einzelhandel, seit 2012 beobachtet wird. Amazons Wert stieg bis Anfang 2018 um über 550 Prozent, jener der Unternehmen nur um rund 40 Prozent. "Business Insider" macht das Unternehmen für den Tod von Einkaufszentren verantwortlich.

Kurzfristige Kaufwünsche

Zudem soll es laut STANDARD-Informationen bald auch möglich sein, bestimmte Waren am selben Tag liefern zu lassen (Same Day Delivery), womit auch kurzfristigere Kaufwünsche spontan erfüllt werden können. Die Finanzplattform Investopedia etwa spricht von dem Phänomen der "Instant Gratification", der sofortigen Befriedigung, was dem stationären Handel bisher einen gravierenden Vorteil verschafft habe, nun aber auch von Amazon erfüllt wird.

Die ersten Kooperationspartner sind bereits in Wien unterwegs.
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Das Ansinnen, sowohl online als auch vor Ort zum Platzhirsch zu avancieren, zeigt sich vor allem beim Blick auf die USA. Dort ist Amazon mit dem Erwerb der Supermarktkette Whole Foods im stationären Bereich bereits zu einem Big Player geworden. In Amazon-Go-Stores können Kunden gar ohne Bezahlung an Kassen einkaufen.

Wirtschaftskammer hat kaum Bedenken

Spezifische Bedenken bezüglich des Einstiegs gebe es bei der Wirtschaftskammer nicht, da es sich vorerst nur um ein Logistikzentrum handle. Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Bundessparte Handel, sagte dem STANDARD, dass Amazon österreichischen Firmen teilweise sogar Vorteile biete: "Viele kleine Einzelhändler nutzen Amazon, um ihre Produkte zu verkaufen." Es sei dadurch nicht notwendig, eigene Onlineshops zu betreiben.

Ungleiche Bedingungen

Problematisch sei hingegen Amazon an sich, da ungleiche Wettbewerbsbedingungen herrschten. Thalbauer verweist dabei auf die Steuerpraktiken des Unternehmens. Aktuell werde geprüft, ob es sich beim neuen Verteilzentrum in Niederösterreich um ein reines Auslieferungslager oder um eine Betriebsstätte handelt. "Wenn wesentliche Komponenten gegeben sind, wird das steuerlich zur Betriebsstätte", sagt Thalbauer, womit Amazon verpflichtet wäre, Körperschaftsteuer zu zahlen.

Auch im Lebensmittelhandel sieht Thalbauer vorerst keine Gefahr. Österreichische Händler hätten mit eigenen Onlineshops bereits reagiert. "Der stationäre Handel hat in diesem Bereich das Glück, vor Ort zu sein", sagt sie. Nur zwei Prozent des Lebensmittelverkaufs fänden online statt. Große Gefahren sieht sie eher im Modehandel und bei Händlern aus China. (muz, faso, 11.10. 2018)