Am Freitag vorgestellt: Die L-39NG, ein preisgünstiger Trainer, der auch bewaffnet werden kann, beim Rollout

Foto: Conrad Seidl

Prag/Wien – Lange machen es die Saab-105OE nicht mehr, von den zu Beginn der 1970er Jahre eingeführten Trainingsflugzeugen (zeitweise stolz als "Jagdbomber" bezeichnet), ist ein Dutzend abgestürzt, der Rest verliert in wenigen Jahren seine Zulassung, der STANDARD berichtete. Dabei haben diese Unterschall-Flugzeuge eine wichtige Funktion in der Luftraumüberwachung: Sie werden als Trainings- und Schulungsflugzeuge eingesetzt, um Piloten an den Düsenflug-Betrieb heranzuführen und sie können den Eurofighter bei jenen Abfangjagden unterstützen, für die nicht unbedingt ein Überschall-schnelles Fluggerät notwendig ist.

Die Hersteller einer neuen Generation von Flugzeugen, die diese Aufgabe übernehmen könnten, versuchen nun, dem Bundesheer ihre jeweiligen Produkte schmackhaft zu machen. In der Vorwoche erfolgte beispielsweise der Rollout des L-39NG: Das "NG" steht für die "next generation" des in den 1960er Jahren in der CSSR entwickelten "L-39 Albatros" – das Flugzeug sieht zwar äußerlich dem alten Albatros ähnlich, ist aber zu 95 Prozent eine Neuentwicklung, wie Massimo Ghione, der Geschäftsführer des L-39NG-Herstellers Aero Vodochody, im Gespräch mit dem STANDARD versichert.

Langsame Abfangjagden

Und es hat Fähigkeiten, die genau dem entsprächen, was das Bundesheer brauche: Zum einen handelt es sich bei dem Zweisitzer um ein Trainingsflugzeug mit einem modernen Cockpit, in dem alle Funktionen, die etwa ein Eurofighter oder ein anderes Kampfflugzeug hat, simuliert werden können. Zum anderen kann es – je nach Bewaffnung – auch so konfiguriert werden, dass es einen gewissen Teil dieser Funktionen auch tatsächlich erfüllen kann.

Zwar: Abfangjagden mit Überschall kann man mit so einem Flugzeug nicht fliegen, seine Höchstgeschwindigkeit auf 6000 Metern liegt bei 775 Stundenkilometern – aber für einen Großteil der Luftpolizeiaufgaben reicht das aus. Vor allem aber entlastet es die Betriebskosten, rechnet der Militärluftfahrtexperte Georg Mader vom renommierten Branchendienst "Jane's Defence" vor: "Auch wenn die in Österreich kolportierten Kosten einer Eurofighter-Flugstunde mit 60.000 Euro viel zu hoch angesetzt sind, weil da viele Fixkosten des Systems mit hineingerechnet werden, was international unüblich ist, so ist man bei so einem Trainingsflugzeug bei weniger als einem Zehntel der Kosten."

Ab 10,2 Millionen Euro für ein Flugzeug

Ghione wird noch konkreter: Aero Vodochody würde dem Bundesheer Kosten von 1900 Euro pro Flugstunde garantieren. Die tschechische Regierung, die dem Rollout am vergangenen Freitag mit einer Festrede des Premierministers Andrej Babis offiziell íhren Segen gab, lobbyiert heftig für den internationalen Erfolg des neuen Prestigeprodukts.

Im österreichischen Verteidigungsministerium liegt schon einmal ein Angebot für sechs einfache Trainingsmaschinen um je 10,2 Millionen Euro und weitere sechs bewaffnete Flugzeuge um je 12,3 Millionen Euro. Diese Flotte plus ein Simulatorbetrieb könnte die verbliebenen Saab-105OE ab 2021 ersetzen. Voraussetzung wäre aber, dass die Bestellung rechtzeitig erfolgt, denn die Produktion ist gerade angelaufen. Wenige Tage vor Weihnachten soll die erster L-39NG ihren Erstflug absolvieren, die ersten für eine Lieferung in den Senegal bestellten Flieger werden 2020 ausgeliefert, ab 2022 sollen 20 Stück pro Jahr vom Band laufen. Wer kaufen will, muss mit einer Lieferzeit von 18 bis 24 Monaten rechnen.

Fraglich ist allerdings, ob das Bundesheer, das mit zwei Vertretern in unauffälliger Zivilkleidung beim Rollout in der Fabrik nahe Prag vertreten war, überhaupt solche Trainingsflugzeuge kaufen will. Noch ist ja fraglich, ob der Eurofighter weiter betrieben wird (was eine millionenschwere Nachrüstung voraussetzen würde) oder ob ein anderes Kampfflugzeug für die Überschall-Einsätze gekauft wird, was die Kosten auf mehrere Milliarden Euro treiben würde. Fraglich ist auch, ob man dann ein Ein-Flotten-Konzept verfolgt, also alle Trainings- und Einsatzflüge auf dem teuren Kampfflugzeug fliegen will, oder ob man kostengünstige Trainer zusätzlich kauft.

Alternativen aus Italien und Großbritannien

Dazu gibt es neben der L-39 mehrere Varianten: Die Royal Airforce bietet zusammen mit BAE-Systems das Programm Tytan (Typhoon Total Availability eNterprise) an, das eine Nachrüstung der Eurofighter plus eine Ergänzung der Flotte durch den britischen Hawk-Trainer vorsieht. Aus Italien bietet Leonardo die M-346 an – auf dieses Flugzeug haben die Offiziere des Bundesheers schon vor Jahren ein Auge geworfen und auch Testflüge absolviert.

Entschieden wird aber nicht von den miltärischen Fachleuten, sondern von den Politikern. Und diese lassen sich mit der Entscheidung schon mehr als zehn Jahre lang Zeit. (Conrad Seidl, 14.10.2018)