65 Prozent der Arbeiter in der Textilindustrie in Bangladesch sind Frauen. Ihre Arbeitsbedingungen sind von den Preisen in Europa abhängig.

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Der Textilfabrikant Mostafiz Uddin appelliert auch an die europäischen Konsumenten: "Kaufen Sie nicht zu viel Kleidung. Kaufen Sie nur nachhaltige Kleidung."

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Salzburg/Chittagong – Mostafiz Uddin möchte das Image von Bangladesch in der Welt verbessern. Der Besitzer der Textilfabrik Denim Expert Ltd. ist auf Kongressen der Textilbranche weltweit unterwegs und wirbt für die positiven Veränderungen. In Salzburg war er auf Einladung der österreichischen Textilzeitung. An Bangladesch hafte das Image des Billiglohnlandes, in dem preiswerte Kleidung für die großen Ketten im Westen produziert wird. Doch die Arbeitsbedingungen und die Löhne hätten sich verbessert, erklärt er im Interview mit dem Standard. Hauptproblem sei die größer werdende Kluft zwischen Löhnen und fairen Preisen für die Kleidung.

"Wenn ich herumreise, haben die Leute folgendes Bild von Bangladesch: Es ist ein armes Land, in dem es Fluten und Naturkatastrophen gibt – und Rana Plaza", sagt Uddin. Der Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza im April 2013, bei dem 1135 Menschen ums Leben gekommen sind, habe alles geändert. "Die Industrie hat sich verändert in puncto Sicherheit, Arbeitsbedingungen, Arbeiterrechte, Technologie, Umwelt und Transparenz", sagt der 40-jährige Textilfabrikant.

97 Dollar Mindestlohn

Bangladesch ist nach China der zweitgrößte Bekleidungshersteller der Welt und der größte Lieferant für Denim-Jeans nach Europa. Die Textilindustrie ist ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. 83 Prozent der Exporte des Landes werden in dieser Branche erwirtschaftet. Das Exportvolumen der Bekleidungsindustrie liegt bei 30 Milliarden Dollar. In den rund 4000 Textilfabriken des Landes arbeiten 3,6 Millionen Menschen. 65 Prozent davon sind Frauen.

"Viele Institutionen arbeiten hart daran, die Arbeitsbedingungen und die Sicherheit in der Textilbranche zu verbessern", betont Uddin. Die Zahl der Gewerkschaften habe sich in den letzten zehn Jahren vervierfacht auf 564, sagt Uddin. Die Mindestlöhne seien in den letzten acht Jahren von 37 Dollar im Jahr 2010 auf 97 Dollar im Jahr 2017 gestiegen. Doch der Importpreis für Bekleidung aus Bangladesch sank in derselben Zeit um sieben Prozent. "Das ist das größte Problem im Moment. Von Europa hören wir nur: Erhöht die Löhne. Aber woher sollen wir das Geld nehmen?", sagt der Fabrikeigentümer.

Jeans unter 29 Euro kann nicht nachhaltig sein

"Wir haben einen großen Preisdruck. Wenn wir eine nachhaltige Preisgestaltung bekommen, könnten wir die Arbeiter besser bezahlen." Auch die Konsumenten könnten zu besseren Arbeitsbedingungen beitragen, sagt Uddin. Sein Appell an die Konsumenten: "Kaufen Sie nicht zu viel Kleidung. Kaufen Sie nur nachhaltige Kleidung." Werde eine seiner Jeans um 29 Euro verkauft, bekomme er davon acht Euro. "Kostet sie weniger, kann sie nicht unter fairen und nachhaltigen Bedingungen produziert werden." Zwar gebe es in Europa eine wachsende Slow-Fashion-Bewegung, die auch auf Fairness für die Hersteller setzt, Uddin wünscht sich aber auch verbindliche Minimumpreise.

In seiner eigenen Fabrik Denim Expert in der Hafenstadt Chittagong hat Uddin Verbesserungen umgesetzt. "Wir waren eine der ersten Fabriken, die auf Nachhaltigkeit gesetzt hat." Abwässer werden geklärt und wiederaufbereitet, moderne Maschinen verringern den Chemikalien- und Energieverbrauch, und auf dem Fabrikgelände wurden 1500 Bäume gepflanzt, um das Mikroklima zu verbessern. Die fast 2000 Mitarbeiter nähen täglich 12.000 Jeans für den Export.

Errungenschaften fortführen

In Europa gehört etwa der spanische Inditex-Konzern, zu dem die Marken Zara oder Massimo Dutti gehören, zu den Abnehmern. Den Mindestlohn bekommen nur etwa zehn Mitarbeiter, die gerade im Betrieb begonnen haben. Der Rest werde darüber bezahlt. 97 Dollar sei ein fairer Lohn, denn die Lebenshaltungskosten seien niedrig in Bangladesch, erklärt Uddin.

Durch ein rechtsverbindliches Abkommen für Brandschutz und Gebäudesicherheit, das Accord genannt wird, sind nun auch alle Werksinspektionsberichte auf öffentlich zugänglichen Websites verfügbar. "Jeder kann von überall auf der Welt den Sicherheitsstatus der Fabriken überprüfen", sagt Uddin. Das Abkommen läuft dieses Jahr offiziell aus. Verschlechterungen sollte es dennoch keine geben. "Die Industrie hat einen gewissen Standard erreicht. Unsere Aufgabe ist es jetzt, diese Errungenschaft zu halten und fortzuführen." (Stefanie Ruep, 16.10.2018)