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Pro
von Christoph Winder

"Trau keinem über 30!", lautete einer der aufrührerischen Glaubenssätze der 1968er. Die Parole ist entschieden pauschal formuliert, müsste sich heute den Vorwurf des Ageismus gefallen lassen und wendete sich damals relativ schnell gegen ihre eigenen Urheber.

Wer 1968 zwanzig war, hatte sich schon von 1978 an zu misstrauen. Heute gehören die Revoluzzer und Revolutionäre von einst (sofern sie nicht weiblich, "People of Color" oder tot sind) in die Schreckenskategorie "weißer alter Mann" und sind als Quell allen welthistorischen Übels entlarvt worden. Man hat versucht, sich als harmlos zu tarnen, genutzt hat es nichts. Wir fühlen uns auf hohem theoretischem Niveau durchschaut!

So gesehen bleibt uns wenig anderes übrig, als – abgeschottet vom Groll der U30-Jährigen – die verbleibende Zeit auf Ü30-Partys, einer Art Sause für sogenannte Junggebliebene, zu genießen. Dort rücken wir Sehbehelfe, Hörapparate, Gebisse und Perücken zurecht und trösten uns mit einem leicht abgewandelten, modrigen Goethe-Spruch: "Hier bin ich alt, hier darf ich's sein."

Kontra
von Lara Hagen

Elf Tage noch. Dann ist es so weit – mein Leben nimmt eine drastische und traurige Wendung. Zumindest wenn ich diversen Filmen, Magazinen oder Songs glauben darf. Wobei einem das eher im Subtext vermittelt wird. Da steht dann: "Warum 30 werden eigentlich ziemlich gut ist". Eigentlich?! Die deutsche Band Kettcar singt über einen deprimierten Typen vom Balkon gegenüber "Vielleicht ist jemand gestorben. Vielleicht ist er 30 geworden", um dann aufzulösen, dass er sich nur von der Freundin getrennt hat. Na dann!

Irgendwann in der Unterstufe sollten wir uns überlegen, was wir mit 30 machen. Ich hatte absolut keine Ahnung – wusste nur, dass ich Hosenanzüge und Stilettos tragen werde. Vielleicht sah ich mich in diesem Outfit ja auch auf einer Ü30-Party, klingt jedenfalls passend. Ich bin bzw. wäre in beiden Fällen ziemlich falsch gelegen. Zwar hab ich nix gegen Hosenanzüge (Hillary for President!), bei Partys mit Altersbegrenzung sieht die Sache schon anders aus. Feiern macht im Idealfall mit 20- oder 50-Jährigen gleich viel Spaß. Sollte sich das ändern, schieb ich es aufs Alter. (RONDO, 19.10.2018)

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