Bei einem Protest im Vorjahr forderten Umweltschützer den Abriss des Staudamms am Kamp. Die EVN lehnt das ab und will "in Zeiten des Klimawandels" einen Neubau forcieren. NGOs warnen vor Umweltschäden.

Foto: APA/PETER FASCHINGLEITNER

Wien – Es gehe um eine "Nagelprobe der Umweltgesetze": Damit meinen WWF, Riverwatch und der Naturschutzbund den geplanten Abriss und Neubau des EVN-Kraftwerks Rosenburg im Kamptal in einem Natura-2000-Schutzgebiet. Sollte das Projekt genehmigt werden, würde eine "rote Linie" überschritten, hieß es bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Mittwoch. "Wir werden den Kamp massiv verteidigen", kündigte Clemens Feigel von der Bürgerinitiative Lebendiger Kamp an.

Durch das Wasserkraftwerk werden etwa 4,2 GWh pro Jahr erzeugt und dadurch 1.200 Haushalte mit Strom versorgt. Der niederösterreichische Stromversorger EVN will die Kapazität verdoppeln. Laut Feigel würden sich Nutzen und Umweltkosten aber nicht aufwiegen: "Die bestenfalls 1.200 Haushalte, die zusätzlich versorgt werden, entsprechen gerade einmal der halben Leistung eines Windkraftwerks." Nur noch zehn Prozent der Flüsse seien in Österreich unverbaut, ergänzte Ulrich Eichelmann von Riverwatch.

Kamp muss vertieft werden

Laut EVN-Plänen soll die Kraftwerksmauer um 1,6 Meter erhöht und der Kamp über eine Länge von 1,5 Kilometern ausgebaggert werden. Die Umweltschützer befürchten eine Vernichtung der Naturlandschaft im Unterlauf des Kamp durch die Vertiefung sowie den vergrößerten Stausee oberhalb. Eine Fläche von acht Fußballfeldern an Auwald und Flusslandschaft könnten zerstört werden.

Das Projekt sei mit der EU-Wasserrahmenrichtlinie und der Flora-und-Fauna-Habitat-Richtlinie nicht zu vereinbaren, sagte der Jurist Josef Unterweger, der von den NGOs mit der Causa beauftragt wurde. Der Kamp wird wegen 23 Kraftwerken bereits als erheblich verändert eingestuft. Stellenweise gebe es aber eine gute Artenvielfalt, so Gerhard Egger vom WWF: "Er hätte die Chance, wieder zu einer Lebensader zu werden."

Kritik an Gutachterauswahl

Unterweger kritisierte weiters, dass der Projektant sich im Eigentum des Landes Niederösterreich befindet, das die Gutachter bestellt und entscheidet, ob diese gut gearbeitet haben. EVN-Sprecher Stefan Zach betonte auf Nachfrage des STANDARD: "Es handelt sich um unabhängige Gutachter." Er ergänzt: "Eine Naturstromanlage in Zeiten des Klimawandels wegzureißen – das machen wir nicht." Die EVN setze zwar etwa auch auf Photovoltaik. Aber die Klimaziele würden dafür sorgen, dass es "nicht mehr um ein Entweder-oder, sondern um ein Sowohl-als-auch geht, wenn man von fossilen Brennstoffen wegwill".

Die EVN habe länger als ein Jahr gebraucht, um alle Unterlagen an die Behörde zu übermitteln, sagte Unterweger. "Wir wollen ein schnelles Verfahren. Daher dauert es im Vorfeld auch länger, bis wir alle Unterlagen haben", entgegnet Zach. Er erwartet das UVP-Verfahren im Frühjahr. (july, 18.10.2018)