Waltraud Meier (Klytämnestra) und Lise Lindstrom (Elektra).

Foto: Michael Pöhn

Wien – Nach einer szenisch durchwachsenen Premiere (Les Troyens) geht es zurück in den Alltag, dem die Wiener Staatsoper in der Regel mit stabiler Qualität begegnet. Als spezielles Repertoirehaus – mit praktisch täglichem Angebot – tut sie ja auch gut daran. Und hochkarätige, erprobte Gäste vom Kaliber einer dramatisch versierten Vokalistin wie Waltraud Meier sind der verlässliche Garant für gesamtkunstwerkliches Niveau. Alles ist da, musikalische Intensität und facettenreicher Darstellungsstil.

In Elektra, dieser Todesparty einer im Rachewahn verfangenen Zentralfigur, kommt Meier als Elektras Mutter Klytämnestra mit einem Paternoster zum Plausch herabgefahren. Die Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg ist ja quasi unterirdisch, also in einem Kohlenkeller beheimatet, in dem gerne gefoltert wird. Wenn Licht eindringt, so doch nur, um letztlich alle Hoffnung zu versengen.

Herrscherin voller Schuldgefühle

Das Duett zwischen Mutter und Tochter ist jedenfalls hochkarätig: Meier gibt die albtraumgeplagte, ängstliche Herrscherin voller Schuldgefühle, welche ihre Tochter flehentlich umgarnt. Elektra möge ihr Linderung verschaffen. Die düstere Inszenierung zeigt jedoch, dass Zärtlichkeit hier nur eine Form von zynischer Manipulation ist, nur ein Vorspiel zu nahender Grausamkeit. Hier sitzen dann auch alle Spitzentöne, sie überstrahlen das Orchester mit Leichtigkeit, denn ihnen sind Schärfe wie auch Klarheit zu eigen. Meier wie auch die grandiose Lise Lindstrom (als Elektra) verfügen über die nötige Durchschlagskraft, ihre Partien Richtung Unmittelbarkeit zu tragen.

Schließlich liegt Mutter Klytämnestra mit durchgeschnittener Kehle im Todesfahrstuhl. Er, Elektras Bruder Orest (profund, darstellerisch desinteressiert René Pape), und die seinen sind zurück und walten ihres Amtes. Es trifft auch Aegisth (makellos Jörg Schneider), der mit Klytämnestra Elektras Vater Agamemnon, König von Mykene, mit einer Axt ins Jenseits schickte. Auch die hilflose Chrysothemis (kraftvoll Anna Gabler) ist fassungslose Zeugin dieser Racheverwüstung.

Zur Dichte des Einakters tragen Dirigent Michael Boder und das Staatsopernorchesters bei. Ihr versiertes Changieren zwischen nervösen Linienzuckungen und Ansätzen einer flüchtigen Idylle wurden Fundament einer grausamen Familienaufstellung. (Ljubisa Tosic, 19.10.2018)