ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon taucht im BVT-Ermittlungsakt auf – deshalb sei er laut FPÖ "befangen"

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Der parlamentarische U-Ausschuss schält die Affäre wie eine Zwiebel: Schicht für Schicht arbeitet man sich von der Razzia im Verfassungsschutz bis hin zu den Auslösern der Causa vor. In seiner vierten Woche mit Zeugenladungen ist der Untersuchungsausschuss mittlerweile bei jenen Zeugen angelangt, deren Aussagen bei der Staatsanwaltschaft die Razzia ausgelöst hatten. Politisch sorgte vor allem ein Konflikt zwischen den Regierungsparteien für Aufsehen.

1. Streit zwischen den Koalitionsparteien

Dass zwischen ÖVP- und FPÖ-Fraktion im Untersuchungsausschuss nicht die größte Harmonie herrscht, war schon seit Wochen spürbar. Am Mittwoch eskalierte die Situation: FPÖ-Fraktionsführer Hans-Jörg Jenewein legte seinem Gegenüber Werner Amon (ÖVP) indirekt den Rücktritt nahe. Die ÖVP müsse überlegen, wie mit der "Befangenheit" Amons umzugehen sei, sagte Jenewein. Vizekanzler Heinz-Christian Strache schrieb dann auf Facebook, dass Amon für den Ausschuss "disqualifiziert" sei. Stein des Anstoßens ist das Auftauchen von Amon im Ermittlungsakt: Er ist mit dem Exspionagechef und Beschuldigten P. befreundet und wurde von diesem als "Informant" geführt. Freilich ist auch die FPÖ alles andere als objektiv, wenn es um die Untersuchung der Rolle von Innenminister Herbert Kickl geht. Die anderen Fraktionen sprangen Amon bei, Alma Zadic (Liste Pilz) konnte "keine Befangenheit" bei Amon entdecken.

2. Widersprüche und akute Vergesslichkeit

Inhaltlich kam der BVT-Untersuchungsausschuss diese Woche gut voran. Die Abgeordneten hörten alle vier Belastungszeugen an, deren Aussagen bei der Staatsanwaltschaft Mitte Februar die Razzia im Verfassungsschutz mitausgelöst haben. Strafrechtlich relevante Vorwürfe waren hier Mangelware, es ging vielmehr um schlechtes Englisch und Berieselung durch Radio Niederösterreich. Belastungszeuge H. verstrickte sich sogar in derartige Widersprüche, dass ihm ein Verfahren wegen Falschaussage drohen könnte. Er hatte behauptet, im BVT könnten Daten aus der Ferne gelöscht und somit Beweise vernichtet werden. Vor dem Ausschuss gab H. an, er habe dies "aufgrund seiner allgemeinen Erfahrung geglaubt". Echte IT-Experten des BVT hatten die Fernlöschung als "Schwachsinn" bezeichnet. Nun stellt sich erneut die Frage, warum die Staatsanwaltschaft nach der Aussage der Zeugen zum Mittel der Hausdurchsuchung gegriffen hat.

3. Zufälle und hochkarätige Kaffeehausgespräche

Wie das Leben so spielt, traf die künftige Belastungszeugin P. im Jänner "zufällig" auf der Straße ihren Exkollegen H., der "zufällig" ebenfalls mit dem Gedanken spielte, gegen seine Exkollegen auszusagen. Glücklicherweise kannte H. Herbert Kickls Kabinettsmitarbeiter Udo Lett, sodass ein Vorgespräch mit P. arrangiert werden konnte. Die wollte dann auch direkt zu Kickl. Ex-BVT-Chef Gert-René Polli traf wiederum "zufällig" den ehemaligen Abteilungsleiter W., der von P. als weiterer Belastungszeuge bei der Staatsanwaltschaft empfohlen wurde. Auch W. hatte davor "zufällig" ein Gespräch mit Kickls Generalsekretär Goldgruber und Lett, dabei ging es aber angeblich drei Stunden lang um W.s Karenzierung.

4. Von Günstlingsnetzwerken und Visitenkarten

Immer wieder blitzte im Ausschuss der Vorwurf des Nepotismus durch. Belastungszeugin P. ist etwa eine Freundin der ehemaligen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Tochter eines einstigen Landesrats in Niederösterreich. Sie soll ihren Job im BVT auch deshalb bekommen haben. P. sagte ganz offen, sie bewarb sich, da sie sich dann immer wieder karenzieren lassen könne. Ex-BVT-Direktor Polli, der selbst von "Günstlingsnetzwerken" sprach, aber keine konkreten Namen nennen konnte, erhielt hingegen noch vier Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem Innenministerium Visitenkarten, die ihn als "Senior Security Adviser" aufwiesen – ein Job dieser Art existiert aber nicht.

5. Sexismus, Mobbing und nackte Chinesinnen

Die Belastungszeugen lieferten zwar keine Hinweise auf strafrechtliche Vorgänge, allerdings zeichnete vor allem P. ein durchaus glaubwürdiges Bild von Sexismus und Mobbing, das sie mit ausgedruckten Whatsapp-Nachrichten untermauerte. Auch eine Reihe von arbeitsrechtlichen Verfahren wurde angesprochen. Man kann davon ausgehen, dass das BVT durchaus professioneller geführt werden könnte, vor allem in einzelnen Referaten. (fsc, 19.10.2018)