"Einem Satirikerdarf Zuspitzungerlaubt sein!"

STANDARD: "Schmusibu, schmusibo, geh, komm sei doch net a so" – das ist eine Strophe aus dem Originaltext von "Küss’ die Hand, schöne Frau". Vor 30 Jahren war das ein Hit. Gäbe es dafür heute einen Aufschrei?

Spitzer: Das Lustige ist ja: Das Lied wurde damals schon missverstanden. Die rustikal-frauenfeindlichen Machos haben mir auf die Schulter geklopft und gesagt: "Du bist a Waunsinn, a echter Aufreißer." Emanzipierte Frauen hingegen waren begeistert, weil’s endlich einen Song gab, der die ganzen Dodeln mit ihrer Masche persifliert hat. Heute wird alles viel mehr auf die moralische Waagschale gelegt, die Zwischentöne werden nicht mehr so wahrgenommen. Also vermutlich: Ja.

STANDARD: Als wir Sie gefragt haben, ob Sie den Text für uns neu schreiben würden, nämlich unter dem Zeichen der #MeToo-Debatte, haben Sie sofort zugesagt. Was hat Sie gereizt?

Spitzer: Ich habe die Idee zu dem Song sofort super gefunden. Das hat mich animiert, nach langer Zeit wieder Spaß beim Schreiben zu haben. Die Diskussion um sexuelle Belästigung war wichtig und hat das letzte Jahr geprägt. Auch deshalb musste ich beim Texten kichern: Ich habe mir den Aufreißer aus dem Lied von vor 30 Jahren vorgestellt, der sich jetzt auf einmal am Pranger fühlt und sich nimmer auskennt.

STANDARD: Der neue Text ist durchaus kontrovers geworden, wird sicher auch von manchen missverstanden werden. Was würden Sie sagen, wenn man Ihnen jetzt Verharmlosung vorwerfen würde?

Spitzer: Ich bin schwerstens dafür, dass patriarchalische Vorrechte verschwinden und Missbrauch geahndet wird. Im Rahmen der MeToo-Debatte wurde aber vieles vermischt, da standen schlimme Übergriffe plötzlich auf einer Ebene mit depperten Anmachsprüchen. Das wurde mir ein bisserl zu militant, vor allem als dann plötzlich in Galerien Bilder und Gedichte abmontiert wurden, weil sie angeblich frauenfeindlich seien. Wenn etwas zu extrem wird, dann muss man das auch aufzeigen. Außerdem bin ich Satiriker, ein bisserl Boshaftigkeit und Zuspitzung darf mir schon erlaubt sein.


Cartoon: Thomas Spitzer