Manuel Feller ist in der Vorbereitung sehr viele Slalomstangen gefahren – das hat Sicherheit gebracht.

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Am 19. Februar 2017 stand der Fieberbrunner (li) bei der Ski-WM in St. Moritz als Silbermedaillengewinner (Slalom) neben Marcel Hirscher am Podest.

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Lange Mähne, Schnauzer, Ziegenbart, freundlich-schelmisches Grinsen – so kennt man Manuel Feller. Und man kennt ihn als offen. "Lasst euch nicht sagen, was ihr zu tun habt oder wie ihr ausschauen sollt", sagte der Fieberbrunner in seiner ersten Videobotschaft mit dem Titel "Felli speaks his mind" via Facebook. Der 26-Jährige, von Tipps der Stylingexperten offensichtlich genervt, fand deutliche Worte: "Mir scheißegal, was ihr zu sagen habt." Und der Schnauzer, der "kommt und geht, wie es halt so ist", sagt Feller, der nicht nur durch sein atypisches Erscheinungsbild den Skizirkus belebt. Kommentare, Reaktionen auf seine Videoblogs? "Lese ich nicht, ich vertrete meinen Standpunkt, und damit ist das Thema für mich erledigt."

Freund des Risikos

Schließlich gehe es um den Sport, in dem der Techniker mit risikofreudiger Fahrweise für Aufsehen sorgt – überhaupt im Slalom. Im Weltcup beendete er bisher, also seit 2012, mehr als die Hälfte seiner einschlägigen Rennen nicht. Mit dem Torlauf in Levi nördlich des Polarkreises am Sonntag (10.15 und 13.15 Uhr) bietet sich die Gelegenheit, die Bilanz zu verbessern – und überhaupt die Möglichkeit, erstmals in diesem Winter zu punkten, nachdem Ende Oktober der Riesentorlauf in Sölden witterungsbedingt abgesagt werden musste.

Nicht nur Ausfälle, sondern auch etliche Spitzenplatzierungen, wenn auch noch kein Sieg, kennzeichnen Fellers Werdegang. Bei der Ski-WM 2017 in St. Moritz strahlte er, nur von Marcel Hirscher geschlagen, als Slalom-Silberner vom Podest. Bei Olympia in Pyeongchang gab's im vergangenen Februar Silber im Teambewerb. Das erste Weltcuppodium folgte vergangene Saison im Riesentorlauf von Garmisch, geschlagen wieder nur von Hirscher.

Verletzungsglück

Um im Slalom Konstanz zu finden, hat Feller zuletzt hart gearbeitet – am Material, am Schwung, am Timing, an der Perfektion. Beim Training in Neuseeland fiel er in 35 Läufen nur einmal aus. "Ein Schritt in die richtige Richtung, jetzt heißt es ans Limit zu pushen und es bei den Rennen umzusetzen." Denn er will mehr, schaut nach vorn. "Stillstand ist der erste Schritt zurück." Weit zurück warfen Feller Bandscheibenvorfälle, die ihm ab Jänner 2014 arg zu schaffen machten, aber kein Grund zum Verzweifeln waren. "Sie waren etwas vom Besten, das mir je passiert ist. Ich habe ein viel besseres Körpergefühl gekriegt, habe viel härter an mir arbeiten, disziplinierter werden müssen. Das hat sich auch sehr positiv auf das Skifahren ausgewirkt." Alles habe Vor- und Nachteile, "es hätte auch mein Karriereende sein können, aber ich habe mich durchgebissen, und mir geht's jetzt so gut wie nie zuvor." Nun könne er wieder 100 Prozent geben. "Jetzt muss ich versuchen, das zu erhalten."

Manuel Feller kommt als Typ gut an. Wenn es nicht so ist, hat er auch kein Problem damit.
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Natürlich, sagt Feller, gebe es Gesünderes als den Spitzensport, aber zumindest kurble die Bewegung in der Natur den Kreislauf an. Grundsätzlich sei Skifahren aber eine komplett unnatürliche Bewegung mit sehr viel Krafteinwirkung. "Das Einzige, was man tun kann, damit man das übersteht, ist, dass man sich im Sommer so fit wie möglich macht. Aber alles, was man am Limit betreibt, geht natürlich auf den Körper."

Dessen Ausbildung war auch eine wichtige Grundlage, um die Performance im Riesentorlauf zu verbessern. Konstant gute Platzierungen brachten Feller 2017/18 Rang vier in der Disziplinenwertung ein. Grundsätzlich stehe er stets am Start, um zu gewinnen. "Ich fühle mich im Riesentorlauf sicher einen Schritt weiter als im Slalom." Trotz vieler Ausfälle hapere es nicht an Selbstvertrauen. "Ich denke nicht an vorige Rennen. Ich bin im Hier und Jetzt, und das auch beim Start. Mentale Aspekte spielen dabei für mich keine so große Rolle."

WM-Silber hat Feller nicht unbedingt Last von den Schultern genommen. "Eigentlich ist vieles ein bisserl schwieriger geworden." Seine schönste Erinnerung an ein Rennen helfe ihm aber, die Motivation aufrechtzuerhalten, hungrig zu bleiben und mit 100 Prozent weiterzumachen.

Eine Katastrophe

Einem Aspekt moderner Kommunikation steht Feller zu 100 Prozent kritisch gegenüber. "Social Media sind eines der größten Probleme in der heutigen Gesellschaft – eine Katastrophe. Jeder will anderen sagen, was sie richtig oder falsch machen. Auf sich selbst konzentriert sich fast niemand mehr. Jeder Pickel, jede Fieberblase wird wegretuschiert, man macht sich schön, um einfach das perfekte Gesamtbild zu zeigen. Das ist aber nicht das Leben." Die Entwicklung beängstige ihn geradezu, Feller will gar nicht darüber nachdenken, in welche Richtung es gehen könnte.

Selbst geht es ihm nicht darum, Aufmerksamkeit zu erregen, ihm sei es oft lieber, einmal Ruhe zu haben und nicht im Mittelpunkt zu stehen. "Umso wohler man sich fühlt, umso mehr ist man selbst. Das bin ich definitiv." In jedem Fall ist Feller auch ein Freund der Musik und Fan von Dancehall, Reggae, Bob Marley und Jamaika. "Musik hat mich neben meinen Eltern am meisten beeinflusst. Ich höre das nicht nur, sondern lebe es auch in gewisser Hinsicht."

Ohne Rauch

Wobei nicht jedes Klischee auch mit Leben erfüllt werden muss. So kritisiert Feller ungeachtet seines Umfeldes ausdauernd die lasche Raucherregelung in Österreich. "Ich will keinem was vorschreiben, 99 Prozent meiner Freunde rauchen, ich habe kein Problem damit, was irgendwer in seinem Leben tut." Aber es sei – rational gedacht – an der Zeit, daran etwas zu ändern, weil es um die Gesundheit geht. "Also warum nicht gleich jetzt, sondern erst in ein paar Jahren?" (Thomas Hirner, 12.11.2018)