Wien – Die Österreicherinnen und Österreicher haben von der Politik ein positiveres Bild als noch vor zehn Jahren, die Demokratie genießt höchste Zustimmungsraten, ein "starker Führer" wird mehr denn je abgelehnt: Das sind die ersten Ergebnisse der neuen "Europäischen Wertestudie", die von der Universität Wien erstellt wurden.

Während sich die Österreicher bei der Wertestudie 2008 von der Politik schwer enttäuscht zeigten, gibt es bei der Erhebung 2018 ein deutlich positiveres Bild. 56 Prozent der Bevölkerung sind demnach zufrieden damit, wie das politische System in Österreich derzeit funktioniert, nur 20 Prozent sind unzufrieden.

Zuwanderung wird kritisch gesehen

Die Demokratie wird von 96 Prozent der Österreicher als gutes oder sehr gutes politisches System für das Land eingeschätzt. 2008 lag dieser Wert bei 92 Prozent. Zurückgegangen ist der Wunsch nach einem "starken Führer": Nur mehr 16 Prozent halten dieses autokratische Konzept für gut, 2008 waren es noch 24 Prozent.

Kritisch blieben laut den Forschern die Einstellungen zur Zuwanderung. Sieben von zehn Österreichern denken, dass Zuwandernde das Sozialsystem belasten (74 Prozent) und Kriminalitätsprobleme verschärfen (70 Prozent). Zuwanderung wird allerdings im Hinblick auf kulturelle Anpassung und arbeitsmarktpolitische Aspekte unterschiedlich bewertet: 45 Prozent denken, dass Zuwanderer ihre Bräuche und Traditionen nicht beibehalten sollten, wohingegen "nur" noch 33 Prozent denken, dass Zuwanderer den Österreichern Arbeitsplätze wegnehmen. 2008 waren es 50 Prozent.

Das Vertrauen in die parlamentarische Demokratie hat seit der letzten Befragung im Jahr 2008 zugenommen.
Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Deutschkompetenzen gefordert

Gleichzeitig hat die Vorstellung abgenommen, dass nur Vorfahren oder Geburt darüber bestimmen, ob man "wirklich österreichisch" ist. Vielmehr fordert heute eine Mehrheit das Erlangen von Deutschkompetenzen sowie den Respekt vor Institutionen und Gesetzen ein.

Eine Reihe von gesellschaftlichen und politischen Institutionen konnte seit 2008 an Vertrauen gewinnen. An der Spitze liegt die Polizei mit 87 Prozent (2008: 68 Prozent) vor dem Gesundheitswesen mit 83 Prozent (2008: 73 Prozent) und dem Sozialversicherungssystem mit 83 Prozent (2008: 73 Prozent).

Wenig Vertrauen in politische Parteien

Am Ende liegen politische Parteien mit 27 Prozent (2008: 14 Prozent) und soziale Medien mit 20 Prozent (kein Wert für 2008). Der Regierung vertrauen in der aktuellen Erhebung deutlich mehr Menschen als vor zehn Jahren: 42 Prozent (2008: 17 Prozent). Gleiches gilt für das Vertrauen in Gewerkschaften: 51 Prozent (2008: 29 Prozent). Presse und Zeitungswesen genießen mit 30 Prozent (2008: 35 Prozent) geringeres Vertrauen.

Das Vertrauen in Institutionen ist laut den Forschern übrigens von der eigenen politischen Positionierung abhängig: Personen, die sich Mitte-rechts einstufen, haben deutlich mehr Vertrauen in Regierung oder Bundesheer. Links der Mitte vertraut man vor allem Kontrollinstitutionen wie der Justiz oder den Gewerkschaften.

Knapp 2.000 Befragte

Die "Europäische Wertestudie" wurde in Österreich mit finanzieller Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung von einem Team der Uni Wien durchgeführt. Die Umfrage, für die Anfang des Jahres 1.948 Personen interviewt wurden, führte das Meinungsforschungsinstitut Ifes mit Face-to-face-Interviews durch. Für das Frühjahr 2019 ist eine Buchpublikation geplant.

Zuletzt hat auch das Institut Sora eine Studie zum Demokratieverständnis der Österreicher durchgeführt. Bei diesem "Demokratiemonitor" kam heraus, dass eine große Mehrheit eine "illiberale Demokratie", also Einschränkungen von Medien und Gerichten sowie der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, ablehnt. (APA, red, 22.10.2018)