Wer den höchsten Preis bietet, bekommt das Haus. Und die anderen wissen gleich, dass sie leer ausgehen.

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Den besten Preis für seine Immobilie erzielen – welcher Verkäufer will das nicht? Da wartet man lieber noch ein Weilchen, ob sich nicht doch noch jemand findet, der einen besseren Preis bietet.

Was aus Sicht der Abgeber verständlich ist, ist genau das, woran der österreichische Immobilienmarkt aus Sicht vieler Beobachter seit vielen Jahren krankt: Eigentumswohnungen und (vor allem) Einfamilienhäuser werden anfangs zu unrealistisch hohen Preisen inseriert, erst nach einer oft viele Monate dauernden Prozedur aus Besichtigungen, Verhandlungen und Preisreduzierungen findet sich dann irgendwann ein Käufer dafür.

Anleihen in Skandinavien

Dass das alles viel schneller vor sich gehen könnte, darauf weist das Makler-Netzwerk Remax in schöner Regelmäßigkeit hin, unter anderem mit Verweis auf die nordamerikanischen Märkte mit ihrem "Multiple Listing Service" (MLS). Nun hat sich Remax aber nicht von den USA oder Kanada, sondern eigenen Angaben zufolge von Skandinavien etwas abgeschaut. Dort sei es üblich, dass Makler Bieterverfahren durchführen, erklärt Remax-Österreich-Chef Bernhard Reikersdorfer. Sie holen Angebote ein, der Bestbieter bekommt die Immobilie.

Was dort meist noch offline stattfindet, überträgt Remax ins digitale Zeitalter: Mit DAVE hat das Makler-Netzwerk ein "Digitales Angebotsverfahren" entwickelt und startet es nach einer dreimonatigen Testphase mit zehn ausgewählten Büros noch im November an allen 110 Standorten österreichweit. Kooperationspartner ist der deutsche Anbieter AuctionTech mit Sitz in Berlin.

Offen oder geschlossen

Das System funktioniert folgendermaßen: Ein Abgeber legt mit dem Makler den Startpreis für eine Immobilie fest. Danach finden Besichtigungen mit Interessenten statt. Jene, die auch wirklich ein Kaufanbot legen wollen, bekommen dann ein Mail mit einem Link zu einer Plattform im Internet: Auf dieser können innerhalb einer vorher festgelegten Frist (zwei Wochen reichen, meint man bei Remax) Angebote abgegeben werden. Entweder so, dass es bis zum Ende der Frist für niemanden, auch nicht den Abgeber oder den Makler, einsehbar ist ("geschlossenes DAVE"), oder aber jederzeit für alle einsehbar. Bei der letzten, der offenen Variante können auch jederzeit neue Gebote abgegeben werden, wenn jemand anderer mehr geboten hat.

Ein Mindestkaufpreis muss nicht angegeben werden, das sei aber zu empfehlen, betont Reikersdorfer. Interessenten bräuchten schließlich eine Orientierung, um Angebote abgeben zu können.

Anbote sind bindend

Die automatisch erstellten Kaufanbote gelten befristet, sind innerhalb dieser Frist aber bindend; ein Rücktrittsrecht gäbe es nur, wenn das Anbot noch am Tag der Besichtigung gelegt werden würde. Da man den Link erst später bekommen wird, ist ein Rücktrittsrecht auszuschließen.

Abgeber wiederum sind nicht verpflichtet, ein Anbot anzunehmen. In der Testphase, in der 30 Immobilien zu vermitteln waren, ist das auch zweimal passiert: Die Angebote waren allesamt zu niedrig.

Mehr Transparenz

"Die Frage, ob man zu günstig verkauft hat, wird sich für Verkäufer mit dem System nicht mehr stellen", glaubt Reikersdorfer. Andererseits werde damit auch Käufern optimale Transparenz geboten. Für sie sind nicht zuletzt auch sämtliche wichtigen Dokumente im System online abrufbar, etwa das Exposé, ein Grundbuchauszug oder auch der Wohnungseigentumsvertrag, betont Bernhard Reikersdorfer.

Sein Bruder Peter Reikersdorfer ist der DAVE-Projektleiter bei Remax Österreich. Vor dem Absenden eines Kaufanbots müsse zunächst noch ein TAN-Code angefordert werden, der ans Smartphone des Interessenten geschickt wird, erklärt er. Das System ermöglicht es aber etwa auch, ein Kaufanbot zunächst noch per Mail zu verschicken, beispielsweise an den eigenen Rechtsanwalt.

20 Prozent als Ziel

Sämtliche Daten liegen auf den Servern von AuctionTech in Berlin, weshalb auch bei der "geschlossenen" Variante der jeweilige Remax-Makler keine Einsicht in die Gebote hat, betont Peter Reikersdorfer. Und die Daten werden auch sofort gelöscht, sobald sie nicht mehr benötigt werden, versichert er.

Remax hat sich zum Ziel gesetzt, im kommenden Jahr 20 Prozent der Wohnimmobilien-Transaktionen über DAVE laufen zu lassen. "Das Tool wird die Branche positiv beeinflussen", ist sich Bernhard Reikersdorfer sicher. (Martin Putschögl, 24.10.2018)