Bernd Loebe wird neuer Intendant in Erl.

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Der bisherige künstlerische Erl-Leiter Gustav Kuhn legt alle Funktionen nieder. Und zieht sich nach Lucca zurück.

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Wien – Der Präsident der Festspiele Erl, Hans Peter Haselsteiner, gab sich nüchtern: "Gustav Kuhn hat alle seine Funktionen zurückgelegt. Er will sich nun für eine Weile ins Kloster zurückziehen und der schnöden Welt entsagen." Kuhn habe ihm das nach seinem montägigen ZiB 2-Interview mitgeteilt, so der Festspielpräsident, neben dem bereits der neue künstlerische Leiter Bernd Loebe saß. Er wird Erl ab 1. September 2019 zusätzlich zu seiner Intendanz an der Frankfurter Oper (vorerst für fünf Jahre) leiten.

Was die Vorwürfe arbeitsrechtlicher Art gegen die Festspiele anbelangt, ist Haselsteiner überzeugt, es werde davon "nichts übrigbleiben. Wir wurden und werden intensiv geprüft." Er glaube, dass Beanstandungen nur Punkte betreffen könnten, "die es überall sonst auch gibt". Man fühle sich aber natürlich verpflichtet, "die Gesetze penibel einzuhalten".

Die Festspiele werden ja vom Landesrechnungshof geprüft. Auch sind an die 100 Strafverfahren bezüglich Ausländerbeschäftigung und nicht bezahlter Sozialabgaben anhängig.

Man will auf Betroffene zugehen

Zu Kuhns wohl wenig hilfreichem ORF-Auftritt wollte sich Haselsteiner nicht äußern. Alle Anwürfe gegen Kuhn würden nur noch den Dirigenten selbst betreffen. Selbstverständlich würden die Festspiele jedoch auf Betroffene zugehen, sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, die von Kuhn bestritten werden.

Der Gründer und Dirigent der Festspiele Erl, Gustav Kuhn, nahm in der "ZiB 2" erstmals persönlich zu den Vorwürfen wegen sexueller Übergriffe und finanzieller Unregelmäßigkeiten Stellung.
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In der ZiB 2 hat der Dirigent etwa behauptet, Sängerin Manuela Dumfart habe vor Gericht ihre Anschuldigungen der sexuellen Belästigung relativiert. "Das Gegenteil ist der Fall", so Dumhart zum STANDARD, " ich habe den Vorfall und Kuhns Reaktion auf meine Zurückweisung viel detaillierter erzählt" als in der Öffentlichkeit.

Loebe sieht "Imageschaden"

Loebe sieht für die Festspiele natürlich einen Imageschaden, den er aber für reparabel hält – auch durch besondere Produktionen und "musikalische Highlights". Wegen limitierter technischer Möglichkeiten in Erl würde szenisch allerdings vor allem die Fantasie der Regisseure bezüglich der Personenregie gefragt sein.

Neben Brigitte Fassbaender, die ab 2021 die Ring-Tetralogie inszenieren wird – 2024 soll sie mit der Götterdämmerung finalisiert werden – stellte er als fixe Namen die Dirigenten Joana Mallwitz sowie Sesto Quatrini vor. Es handle sich dabei um "hochbegabte junge Dirigenten", die um "hochkarätige Stimmen" ergänzt werden, welche aber eher noch am Anfang ihrer Laufbahn stünden. Jedes Jahr will Loebe ein bis zwei neue Produktionen zeigen: Im Sommer 2020 wird es etwa einen neuen Lohengrin geben und dazu Die Königskinder von Engelbert Humperdinck.

Befürchtungen, Erl würde unter ihm zu einer Filiale der Oper Frankfurt, müsse man nicht hegen, so Loebe. Und die Frage, ob er die Führung beider Institutionen bewältigen werde, habe er sich natürlich gestellt. Er sei es aber gewohnt, in funktionierenden Teams zu arbeiten, und traue sich zu, "beides zu schaffen". Erl und Frankfurt also eine reizvolle Doppelbelastung. (Ljubiša Tošić, 24.10.2018)