Wien – Die bevorstehende Indexierung der Familienbeihilfe hat am Mittwoch im Nationalrat polarisiert. Während die Opposition einen Bruch des Europarechts sieht und Probleme bei der 24-Stunden-Betreuung erwartet, sieht die Koalition einen Schritt zu mehr Gerechtigkeit.

Worum es bei dem Gesetzesbeschluss geht: Die Familienbeihilfe wird den Lebenserhaltungskosten in jenem Land angepasst, in dem das Kind von in Österreich Beschäftigten lebt. Westeuropäer werden teils sogar mehr beziehen, Osteuropäer dagegen empfindliche Einbußen hinnehmen müssen.

Beihilfe weiterhin höher als in Ländern

Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) und der VP-Abgeordnete Norbert Sieber relativierten freilich. Die Summe werde auch nach der Indexierung über der Familienbeihilfe des jeweiligen Landes liegen, versicherten die beiden. Wie Sieber betonte, sei es ja derzeit so, dass etwa ein Rumäne für sein Kind das Sechsfache von der Leistung im Herkunftsstaat erhalte.

Verwiesen wurde von den VP-Vertretern sowie von der freiheitlichen Abgeordneten Edith Mühlberghuber ferner darauf, dass ein Gutachten des Sozialexperten Wolfgang Mazal vorliege, wonach die Neuregelung europarechtskonform sei. Rechtskonformität sei nämlich der Regierung "extrem wichtig", wie Bogner-Strauß formulierte. Auch habe die EU Großbritannien vor dem "Brexit" zugestanden, solch einen Modus einzuführen. Damit müsse das wohl europarechtlich zulässig sein, meinte Sieber.

Diskriminierung von Arbeitnehmern

Daran hat man in der Opposition große Zweifel. Neos-Mandatar Michael Bernhard erinnerte etwa daran, dass bezüglich der Arbeitnehmer-Freizügigkeit festgelegt sei, dass sämtliche offenen und versteckten Diskriminierungen von Arbeitnehmern aus anderen Staaten verboten seien. Bernhard sieht daher die Gefahr sehr hoher Nachforderungen, wenn die Indexierung aufgehoben werde.

Liste Pilz-Mandatarin Daniela Holzinger-Vogtenhuber fragte sich, warum die Regierung, wenn sie solch eine Regel schon wolle, nicht auf EU-Ebene für eine entsprechende Änderung kämpfe statt die Gefahr eines Vertragsverletzungsverfahrens einzugehen. Gleichzeitig betonte sie, dass die höhere Familienbeihilfe von 24-Stunden-Pflegerinnen natürlich als Gehaltsbestandteil angesehen werde, wenn die für ihre Betreuungsdienste mit gerade einmal zwei Euro pro Stunde entlohnt würden.

Kürzen bei Schwächsten

Entsprechende Probleme am Pflegesektor erwartet auch die SPÖ-Mandatarin Eva Maria Holzleitner, die zudem anprangerte, dass gerade bei den Schwächsten in der Gesellschaft gekürzt werde. Einerseits rede die Regierung davon, dass Leistung sich lohnen müsse und dann werde bei jenen indexiert, die mit ihrer Arbeit zum österreichischen Steuersystem betrügen.

Bogner-Strauß wiederum argumentierte mit dem Kostenfaktor. Durch die Indexierung würden über 100 Millionen eingespart, die für die Familien in Österreich verwendet werden könnten. Eine Diskriminierung sieht die Ministerin nicht: "Wir behandeln damit alle Kinder gleich, es kommt nur darauf an, wo sie wohnen." Gleich die Einschätzung Mühlberghubers: "Alle werden gleich behandelt, es hängt davon ab, wo sie wohnen."

Der Beschluss der Indexierung wird erst am Abend erfolgen, da die dazu gehörige Debatte für die "Dringliche Anfrage" in Sachen Sozialversicherungsreform für rund drei Stunden unterbrochen wurde. (APA, 24.10.2018)