Christian Kern hielt am Donnerstag seine letzte Rede im Parlament.

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Wien – Christian Kern hat seine Zeit in der Politik am Donnerstag mit einer letzten Rede im Nationalrat beendet. Dabei mahnte er Besserung im politischen Diskurs und Verantwortung im Klimaschutz ein – und bekräftige einmal mehr, den Zeitpunkt seines Rücktritts "bewusst und selbst gewählt" zu haben.

Die Rede von Christian Kern am Donnerstag.
ORF

Kern nutzte seine Abschiedsrede für grundsätzliche Einschätzungen zu Gesellschaft und Demokratie: Er halte es für "eine schlechte Entwicklung", wenn in der Politik zunehmend nur dem kurzfristigen Effekt in Form von Likes und Retweets nachgehetzt werde, weil "die Werte der Aufklärung" damit in Vergessenheit gerieten.

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Politische Kultur und Klimawandel

Das sei nicht nur in Österreich, sondern weltweit der Fall. "Fast kommt es einem vor, als ob der Westen und seine Alliierten von einem Virus der Antiaufklärung angesteckt sind", sagte der ehemalige Bundeskanzler. Der Grat zwischen der Macht der Worte und der Macht der Taten sei schmal. Kern warnte davor, Bevölkerungsgruppen im politischen Diskurs zu "Menschen zweiter Kategorie" zu machen. Er denke dabei "vor allem an unsere muslimischen Mitbürger".

Neben dem Verfall von Kultur und Menschlichkeit in der Politik sah Kern den Klimawandel als zweite große Herausforderung. Global gesehen sei nur "ein läppischer" Betrag notwendig, um klimaschützende Investitionen zu treffen. Doch er erkenne "die Angst davor, im Kleinen Nachteile zu erleiden", was aber "im Großen uns alle zu Verlierern macht".

"Bewusst und selbst gewählt"

In den zweieinhalb Jahren, die Kern "in der Berufspolitik verbringen durfte", habe er viel Freude an der Politik erleben dürfen, "aber ich habe auch die Einsamkeit erlebt" und "einen Sonntagnachmittag zu Hause auf dem Sofa" zu schätzen gelernt.

"Natürlich machst du in diesem Geschäft auch Erfahrungen, die du vielleicht vermissen möchtest", resümierte Kern weiter, "aber das ist wohl Teil meines Geschäfts." Er habe den Zeitpunkt seines Abschieds "bewusst und selbst gewählt" – was seine beiden unmittelbaren Vorgänger als SPÖ-Chefs (Werner Faymann und Alfred Gusenbauer, Anm.) nicht behaupten könnten. "Es ist ein Ende, und es ist gut so", sagte Kern. (red, 25.10.2018)