Heinz Engl, Rektor der Universität, will sich mit dem Verband The Guild bei der Gestaltung des neuen EU-Forschungsprogramms einbringen.

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Sie nennen sich The Guild, haben aber nichts mit einer Computerspiel- oder anderweitigen Fantasygilden zu tun. Und doch sind sie gewissermaßen eine eingeschworene Gemeinschaft: 19 forschungsintensive Universitäten aus ganz Europa sind derzeit Mitglieder dieses Verbands, der als Interessenvertretung akademischer Institutionen, ihrer Studierenden und Forschenden fungiert. "Wir spielen alle in ungefähr derselben Liga, was die Forschungsperformance betrifft", sagt Heinz Engl, Rektor der Universität Wien, das einzige österreichische Mitglied der Guild.

Vergangene Woche trafen sich die Rektoren sämtlicher Guild-Universitäten in Wien, um ein Thema zu diskutieren, das für Hochschulen von sehr großem Interesse ist: Das kommende europäische Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe, das 2021 das derzeitige Förderprogramm Horizon 2020 ablösen soll. Es sieht bis 2027 ein Budget von etwa 100 Milliarden Euro und neue Strukturen vor, unter anderem die Konzentration auf fünf ausgewählte "Missionen" (Klima, Digitalisierung, soziale Sicherheit, natürliche Ressourcen und Gesundheit).

"Es geht uns um eine strategische Abstimmung, um uns gegenüber der EU zu positionieren", sagt Engl über das Treffen. "Die Strukturen von Horizon Europe sind bekannt, jetzt geht es um den Designprozess, in den wir uns einbringen wollen." Engl ist zuversichtlich, dass unter der österreichischen Ratspräsidentschaft "wesentliche Weichenstellungen" für Horizon Europe erfolgen – noch vor den EU-Parlamentswahlen im kommenden Jahr, wo die Karten wieder neu gemischt werden.

EU-13 weit hinter EU-15

Ein besonderes Anliegen der Guild ist es, die Lücke zwischen den EU-13, den "neuen" EU-Mitgliedsstaaten, und den "alten" EU-15 zu schließen, was Forschung und Innovation betrifft. Laut einer vom Europaparlament in Auftrag gegebenen Studie waren Organisationen aus den EU-13 nur zu rund zehn Prozent an Projekten beteiligt, die durch Horizon 2020 und das Vorgängerprogramm FP7 gefördert wurden.

"Grundlagenforschung wird nur aufgrund von Exzellenzkriterien vergeben, und hier sind Forscher aus den neuen Mitgliedsstaaten derzeit nicht so erfolgreich – nicht weil ihre Forschung nicht gut ist, sondern weil es etwa an Infrastruktur mangelt", sagt Engl. "Die ERC-Grants des Europäischen Forschungsrats für exzellente Forschung werden an Individuen vergeben, und die wandern häufig in Richtung Westen ab, sobald sie einen Grant haben", fügt Vincent Blondel hinzu, Mathematiker an der belgischen Université catholique de Louvain und Präsident der Guild. Es brauche zusätzliche Maßnahmen, sowohl durch EU-Programme und Infrastrukturfonds als auch durch Anreize auf Ebene der Mitgliedsländer, um Topwissenschafter zu halten und einen echten europäischen Forschungsraum zu ermöglichen.

"In unserem Verband sind drei osteuropäische Unis vertreten. Wir begegnen uns auf Augenhöhe und können unsere Erfahrungen auch weitergeben", sagt Jan Palmowski von der University Warwick und Generalsekretär der Guild. "Die Kommission braucht den Input von den Universitäten, was Kooperationen betrifft. Letztlich muss das Forschungsprogramm für die wissenschaftliche Community funktionieren."

Raum für Grundlagenforschung

Um Europa forschungsmäßig weiterzubringen, gibt es für die Guild noch weitere essenzielle Punkte, die in Horizon Europe verankert werden müssten: "Wir wollen sicherstellen, dass es genug Raum für Grundlagenforschung gibt", sagt Blondel. "Es gibt einen hohen Druck in Richtung angewandter Forschung." Zudem müsse garantiert werden, dass die Sozial- und Geisteswissenschaften nicht nur ein Anhängsel, sondern fixer Bestandteil der Forschungsmissionen sind. "Es braucht mehr interdisziplinäre Zusammenarbeit als in der Vergangenheit, um die großen globalen Herausforderungen zu meistern", sagt Blondel.

Heinz Engl spricht sich außerdem dafür aus, dass die EU-Programme flexibel und nicht zu spezifisch sein sollten, damit sie zu radikalem Denken ermutigen. "Denn wo sollte radikales Denken stattfinden, wenn nicht an Universitäten?" Und: "Vor sieben Jahren konnte niemand voraussehen, dass Data-Science oder Quantenkommunikation heute so große Themen sein würden." (Karin Krichmayr, 29.10.2018)