Im niederländischen Den Helder werden Fahrzeuge für das Manöver verladen.

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Oslo – Die NATO hat in der Nacht zum Donnerstag ihr größtes Manöver seit Ende des Kalten Krieges gestartet. Nach Angaben einer Bündnissprecherin übernahm der zuständige US-Admiral James G. Foggo um 0.01 Uhr das Kommando über die rund 50.000 beteiligten Soldaten. Sie werden nun zwei Wochen lang in Norwegen sowie in den umliegenden Luft- und Seegebieten gemeinsam trainieren.

Zusammen mit den Soldaten sind zudem auch rund 10.000 Fahrzeuge sowie mehr als 300 Kampfflugzeuge, Hubschrauber und Schiffe im Einsatz. Ziel des Manövers ist es, ein Signal der Abschreckung an Russland zu senden und für den sogenannten Bündnisfall zu üben. Dieser könnte ausgerufen werden, wenn einer oder mehrere der 29 Mitgliedstaaten von einem Gegner angegriffen würden. In der Folge müssten dann die anderen Alliierten Beistand leisten.

Deutschland übernimmt 2019 Führung

Die deutsche Bundeswehr ist mit rund 10.000 Soldaten an "Trident Juncture" beteiligt und damit zweitgrößter Truppensteller nach den USA. Das starke Engagement ist vor allem dadurch begründet, dass Deutschland ab Anfang 2019 die Führung der schnellen Eingreiftruppe der NATO übernehmen soll.

Die sogenannte VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) wurde im Zuge der Ukraine-Krise aufgestellt und ist ebenfalls ein Element der Abschreckungsstrategie gegen Russland, der seit 2014 wieder starke Aufmerksamkeit gewidmet wird. Damals hatte Russland sich die ukrainische Halbinsel Krim einverleibt und offensiv damit begonnen, prorussische Separatisten in der Ostukraine zu unterstützen.

Für Deutschland ist das Manöver zudem eine Gelegenheit, Donald Trump zu demonstrieren, dass es bereit ist, mehr Verantwortung für die Sicherheit Europas zu übernehmen. Der US-Präsident fordert seit seinem Amtsantritt deutlich höhere Verteidigungsausgaben von der deutschen Regierung und hat sogar schon mit einem NATO-Austritt gedroht, sollten die europäischen Alliierten nicht mehr Anstrengungen in dem Bereich unternehmen.

90 Millionen Euro

Die Beteiligung der Bundeswehr an "Trident Juncture" wird die deutschen Steuerzahler rund 90 Millionen Euro kosten. Gut die Hälfte der Summe fließt ins Gastgeberland Norwegen, wo unter anderem für die Verpflegung und Bereitstellung von Feldlagern bezahlt werden muss. Der Rest ist für den Hin- und Rücktransport von Personal und Material eingeplant.

In der ersten Runde des NATO-Manövers werden nach Bündnisangaben von Ländern wie Deutschland, Italien und Großbritannien gebildete "südliche Kräfte" einen Angriff von "nördlichen Kräften" abwehren. Letztere sollen unter anderem aus Truppen der USA, Kanadas und Norwegens bestehen. In der zweiten Runde sieht das Szenario dann einen Gegenangriff der "südlichen Kräfte" auf die "nördlichen Kräfte" vor.

Neben allen 29 NATO-Staaten beteiligen sich auch die Partnerländer Schweden und Finnland an dem Manöver.

Linke Kritik

Kritik an der Großübung kommt von den Linken im Bundestag. "Die Kriegsgefahr ist so hoch wie lange nicht", sagte der Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Donnerstagsausgabe). Im gegenwärtigen Klima das größte NATO-Manöver seit 30 Jahren in Norwegen zu starten, sei "aberwitzig, gefährlich und provokant gegenüber Russland".

Die russische Seite werde es sich nicht nehmen lassen, im Gegenzug ebenfalls aufzurüsten und Militärmanöver zu starten, hatte der Linken-Bundestagsabgeordnete Alexander Neu zuvor kritisiert. Die gesamte Übung sei "eine einzige Provokation und Drohgebärde gegenüber Russland". Neu verwies zudem darauf, dass die NATO-Staaten zuletzt mehr als 14 Mal so viel Geld für die Verteidigung ausgegeben hätten als Russland. "Russland hat momentan weder die materiellen noch die finanziellen und auch nicht die personellen Fähigkeiten, um die NATO überhaupt erfolgreich angreifen zu können."

NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte am Mittwoch in Brüssel das Manöver mit der Notwendigkeit begründet, "zu zeigen, dass wir in der Lage sind, jeden Bündnispartner gegen jede Art von Gefahr zu verteidigen." Das Sicherheitsumfeld in Europa habe sich verschlechtert, so Stoltenberg. Er betonte gleichzeitig erneut, dass sich das Manöver nicht gegen Russland richte. Seinen Angaben zufolge haben Russland und Weißrussland auch die Einladung der NATO angenommen, Beobachter zu "Trident Juncture" zu schicken. (APA, dpa, 25.10.2018)