Besonders populär sind Plastikverpackungen heutzutage nicht mehr. Für Unternehmenschef Kurt Hofer sind sie in seinem Betrieb aber nach wie vor die umweltfreundlichere Variante. Denn mehr als drei Viertel der 50 Millionen in Niederösterreich produzierten Dreh-und-Trink-Flaschen werden weltweit exportiert.

"Ich strebte nach Veränderung, als ich in den Betrieb eingestiegen bin. Damit ging ich allen ziemlich auf die Nerven."
Foto: Heribert Corn

STANDARD: Sie verkaufen mit Dreh und Trink ein recht traditionelles Kindergetränk. Schmeckt es Ihnen als Geschäftsführer überhaupt noch?

Hofer: Natürlich. Ich mochte es bereits als Kind sehr gern, und daran hat sich nichts geändert. Der einzige Unterschied ist, dass ich es als Kind vermutlich öfter getrunken habe.

STANDARD: Ihr Vater hat das Unternehmen vor 45 Jahren gegründet. War immer klar, dass Sie es übernehmen werden?

Hofer: Nein, das war nicht selbstverständlich. Nach meinem Studium an der Fachhochschule in Wiener Neustadt habe ich bei Firmen wie Inzersdorfer gearbeitet und wollte sehen, wie andere Unternehmen funktionieren. Kurz bevor ich 30 wurde, habe ich eine Weltreise gemacht, bei der mir in Bezug auf das Familienunternehmen klar wurde: jetzt oder nie.

STANDARD: Es wurde jetzt?

Hofer: Mein Vater war damals 65 und ich 30, wir haben uns angenähert, und ich bin im Jahr 2002 in den Betrieb eingetreten. Platz gab es allerdings keinen für mich.

STANDARD: Was heißt das?

Hofer: Mein Vater kümmerte sich um den Vertrieb, deshalb habe ich mich auf die Produktion konzentriert. Dort bin ich allen ziemlich auf die Nerven gegangen. Der Produktionsleiter war bereits seit 30 Jahren im Betrieb, ich strebte allerdings nach Veränderung. Nach sechs Monaten kam es dann zum sprichwörtlichen Showdown. Mein Vater hat mich schließlich als neuen Produktionsleiter eingesetzt, und ich habe mein erstes Wirkungsfeld in unserem Familienunternehmen gefunden.

Mit dem Trend zu gesünderer Ernährung beschäftige man sich bei Dreh und Trink und werde in nicht allzu ferner Zukunft eine Antwort haben.
Foto: Heribert CORN

STANDARD: Der allgemeine Trend geht in Richtung gesündere Ernährung. Zucker wird immer unbeliebter. Wie wirkt sich das auf Ihre Produkte aus?

Hofer: Lassen Sie mich eines vorab klären: Dreh und Trink ist eine Fruchtsaftlimonade, die den gleichen Zuckeranteil hat wie beispielsweise hundertprozentiger Saft. 100 Milliliter Dreh und Trink haben den gleichen Zuckeranteil wie 100 Milliliter unverdünnter Apfelsaft. Wir überzuckern unsere Produkte nicht zusätzlich. Natürlich gehen die Diskussionen rund um gesündere Ernährung nicht spurlos an uns vorbei. In der Produktentwicklung beschäftigen wir uns mit diesem Thema und werden in nicht allzu ferner Zukunft auch eine Antwort haben.

STANDARD: Die da wäre?

Hofer: Wir sind gerade dabei, den Handel zu informieren. Im nächsten Schritt richten wir uns an die Konsumenten.

STANDARD: Schade, dass Sie dazu noch nicht mehr verraten. Branchenriesen wie Coca-Cola hadern mit Umsatzeinbußen bei ihren zuckerhaltigen Getränken. Wie sieht es bei Ihnen aus?

Hofer: Mit Umsatzeinbußen haben wir nicht zu kämpfen. Man kann die Situation allerdings nicht eins zu eins vergleichen. Unsere Limonade soll nicht als Durstlöscher dienen, sondern als Getränk für den speziellen Anlass. Als Belohnung, wenn ein Kind brav war, bei diversen Feierlichkeiten oder Ausflügen. Das ist heute so und wird in 20 Jahren so sein.

STANDARD: Neben Zucker steht Plastik voll in der Kritik. Ihre Flaschen bestehen aus Polyethylen. Wie stehen Sie dem Umweltthema gegenüber?

Hofer: Auf regionaler Ebene, also in einem Umkreis von rund 150 Kilometern, sind Glasflaschen natürlich im Vorteil – vorausgesetzt sie werden wiederbefüllt. Das setzt aber auch ein intaktes Recycling- oder Wiederverwertungssystem voraus. Sobald der Produktionsstandort zu weit von der Sammelstelle entfernt ist, geht sich das mit dem ökologischen Fußabdruck nicht mehr aus, weil der Logistik- und Transportaufwand zu hoch wird. Glasproduktion benötigt außerdem sehr viel Energie. Umwelttechnisch sind Einwegglasflaschen gegenüber Polyethylen oder PET-Flaschen klar im Nachteil. Glas wäre in unserem Fall unökologisch.

STANDARD: War es dennoch schon einmal Thema, die Verpackung zu verändern?

Hofer: Dann würden wir unser Alleinstellungsmerkmal verlieren und uns austauschbar mit allen anderen Herstellern machen. Green Plastic oder andere nachhaltige Stoffe, die nicht auf Erdöl basieren, sind aber ein Thema, an dem wir arbeiten.

"Erwachsene trinken Dreh und Trink am liebsten eisgekühlt."
Foto: Heribert CORN

STANDARD: Letzte Frage zur Verpackung. Sie sprechen immer wieder vom Sicherheitsaspekt?

Hofer: Wenn ein vierjähriges Kind mit der Flasche im Garten niederfällt, geht von einer unzerbrechlichen Plastikflasche schlichtweg weniger Gefahr aus als von einer Glasflasche. Die Sicherheit der Kinder ist bei der Verpackung essenziell.

STANDARD: Stichwort Kinder. Wie haben Sie Ihre Zielgruppe definiert?

Hofer: Es geht uns dezidiert um die Drei- bis Achtjährigen. Beim Produktrelaunch im Jahr 2016 haben wir die Zielgruppe neu definiert und das Design noch einmal stärker auf genau diese Altersgruppe abgestimmt. Es gab Überlegungen, die Zielgruppe auszuweiten. Doch wir wollten den Bogen nicht überspannen und uns auf die Kleinen konzentrieren.

STANDARD: Wie viel Dreh und Trink dürfen Ihre Kinder trinken?

Hofer: Genauso viel oder wenig wie andere Kinder auch. Wie gesagt, es ist eine Limonade für besondere Anlässe. Der einzige Unterschied ist vermutlich, dass sie bei der Produktentwicklung helfen. (lacht)

STANDARD: Inwiefern?

Hofer: Wenn wir neue Geschmacksrichtungen entwickeln, holen wir uns natürlich gerne Feedback von Kindern ein. Ihnen macht das Spaß, und wir bekommen gute Inputs. Kinder sehen und schmecken Dinge anders.

STANDARD: Wie entsteht eine neue Geschmacksrichtung?

Hofer: Primär leitet sich die Entscheidung von der Farbe der Flasche ab. Sie muss für Kinder optisch ansprechend sein. Anhand der Flaschenfarbe analysieren wir, welche Geschmacksrichtung am besten dazu passen könnte. Internationale Trends fließen auch in die Entscheidung ein. Darauf aufbauend entwickeln wir die Figuren, die die jeweilige Geschmacksrichtung verkörpern.

STANDARD: Haben Sie ein Beispiel?

Hofer: Bei der grünen Flasche standen die Geschmacksrichtungen Kiwi und Apfel zur Auswahl. Mit einem Apfel verbinden Kinder mehr, somit entstand Andi Apfel.

STANDARD: 50 Millionen Flaschen werden jährlich produziert, 80 Prozent davon exportiert. Wo trinkt man Dreh und Trink noch?

Hofer: Neben Österreich liefern wir am meisten nach Deutschland und England. Auch in Saudi-Arabien und Belgien sind die Absätze gut. Seit vier Jahren beliefern wir Supermärkte in China, wo wir ein jährliches Wachstum von fast 50 Prozent beobachten. Im nichtdeutschsprachigen Raum kennen die Konsumenten unser Produkt allerdings als Twist and Drink.

"Umwelttechnisch sind Einwegglasflaschen gegenüber Polyethylen- oder PET-Flaschen klar im Nachteil."
Foto: Heribert CORN

STANDARD: Wie schafft man es als kleines österreichischen Unternehmen, auch in Ländern wie Australien, der Mongolei oder Jordanien präsent zu sein?

Hofer: Das läuft zu 95 Prozent über Messen. Dort lassen sich die besten Kontakte knüpfen. Nach einer großen Lebensmittelmesse kommen im Schnitt ein bis zwei neue Länder dazu. Insgesamt beliefern wir weltweit 60.000 Geschäfte.

STANDARD: Gibt es Sehnsuchtsmärkte, in die Sie gerne eintreten würden?

Hofer: Nord- und Südamerika würden mir vermutlich viel Spaß machen. Ich darf mich über die Auslastung aber nicht beklagen.

STANDARD: Zurück nach Gutenstein. War es je ein Thema, Österreich zu verlassen?

Hofer: Nein. Wir fühlen uns hier sehr wohl. Nicht umsonst produzieren wir ausschließlich in Niederösterreich. Außerdem spielt uns die Lage am Fuße des Schneebergs in die Hände, denn hier besteht ein direkter Zugang zu frischem Quellwasser. Wir sind einer der letzten Arbeitgeber in dieser Region, damit geht auch eine gewisse Verantwortung einher. In den vergangenen zwei Jahren haben wir mehr als eine Million Euro in den Standort Gutenstein investiert. Es gab dabei Seiten, gerade im regionalen Bereich, von denen wir sehr viel Unterstützung bekommen haben. Auf der anderen Seite gab es auch viele Hürden, das hat es nicht immer ganz leicht gemacht.

STANDARD: Würden Sie Österreich demnach als unternehmerfeindlich bezeichnen?

Hofer: Unternehmerfeindlich ist das falsche Wort, aber der bürokratische Aufwand stieg während der vergangenen Jahre massiv an. Früher lag der Verwaltungsaufwand des Produktionsleiters bei 30 Prozent, mittlerweile sind es eher 70. Sowohl die Produktion als auch der Export von Gütern wurde deutlich aufwendiger. Das bedeutet, dass sich mehr Menschen mit der Verwaltung befassen müssen, was wiederum die Kosten steigen lässt. (Andreas Danzer, 28.10.2018)