Die Ausbeute nach 20 Minuten in Meidling: zwei volle Müllsäcke.

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Plogging kommt aus Schweden – mittlerweile gibt es aber Fans auf der ganzen Welt.

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Franziska Zoidl beschäftigt sich beruflich mit Fitness und Gesundheit. Das beeinflusst auch ihre Freizeitgestaltung.

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Ich treffe mich gern mit zwei Freunden in der Früh zum Laufen. Das machen wir regelmäßig. Beim letzten Mal war es aber ein bisschen anders: Wir hatten uns vorgenommen, Müllsäcke mitzubringen. Die Temperaturen waren mild – wir hatten trotzdem Handschuhe dabei. Denn wir wollten "Plogging" ausprobieren.

Plogging ist eine Wortkreation aus dem schwedischen Wort für Müllsammeln – plocka upp – und Jogging. Genau das macht man beim Plogging. Der schwedische Zeitvertreib hat sich über die sozialen Netzwerke mittlerweile über die ganze Welt ausgebreitet – und ist angeblich einer der ganz großen Fitnesstrends des Jahres.

Schon klar: Man muss nicht jeden Fitnesstrend mitmachen. Crawling zum Beispiel hat mich nie überzeugt, EMS-Training habe ich auch bleiben lassen. Aber beim Sporteln die Welt Schritt für Schritt zu einem saubereren Ort machen? Warum eigentlich nicht!

Wir beginnen also unseren Lauf beim Bahnhof und joggen die Meidlinger Hauptstraße hinunter. Anregende Gespräche führen wir heute ausnahmsweise keine, stattdessen scannen wir permanent den Boden – und müssen alle paar Meter stehen bleiben, um Müll einzusammeln: ein Getränkebecher eines Fastfood-Restaurants hier, ein Plastiklöffel da. Ein paar Meter weiter eine leere Flasche, ein Stück Styropor, viele leere Zigarettenschachteln. Wir können immer nur eine kurze Strecke laufen, ehe wir wieder stehen bleiben und uns bücken müssen, um Müll einzusammeln und in unseren Säcken zu verstauen. Über die Handschuhe bin ich bald sehr froh.

Beschleunigen und Abbremsen

Wir ernten viele verwunderte Blicke von Passanten, die um diese Uhrzeit schon unterwegs sind. Ein junger Mann feuert uns an und applaudiert. Das ständige Beschleunigen und Abbremsen ist eine lustige Abwechslung zu unserem sonst eher monotonen Lauftempo, und durch das ständige Bücken setzen wir einen ungewöhnlichen Reiz. Die immer schwerer werdenden Müllsäcke werden mit der Zeit auch zur Herausforderung für die Arme. Und die Suche nach Müll und der Wettstreit, wer mehr davon einsammelt, macht seltsamerweise richtig Spaß.

Schon nach 20 Minuten sind unsere Müllsäcke voll. Müll gäbe es aber immer noch mehr als genug. Wir treffen einen Mitarbeiter der MA 48, der sich über unsere morgendliche Fitnesseinheit besonders freut und fragt: "Macht ihr das jetzt jeden Tag?" Am Ende dürfen wir unsere Säcke in seine Müllabfuhr schmeißen. Ein Höhepunkt!

Auf dem Heimweg, dann schon ohne Müllsack, sticht uns trotzdem überall Müll ins Auge. Wir machen weiter.

Unterschiedliche Strategien

Das Schöne am Plogging: Falsch kann man dabei eigentlich nichts machen, und die nötige Ausrüstung hat jeder zu Hause. Online finden sich zahlreiche Strategien erfolgreicher Plogger: Die einen machen kleine Müllberge entlang ihrer Laufstrecke und sammeln dann erst auf dem Rückweg ein, andere bauen noch zusätzliche Fitnessübungen in das Bücken nach dem Müll ein, um es besonders effektiv zu machen.

Mein Fazit: Wer schnelle Kilometer abspulen will, wird mit Plogging keine Freude haben. Dafür liegt leider viel zu viel Müll herum. Dafür ist Plogging aber für jene Tage genau das richtige, an denen man sich nur schwer zum Laufen motivieren kann und an denen jeder Schritt Überwindung kostet. Durch das Müllsammeln gibt man dem Sport einen ganz neuen Sinn. Das ist nicht nur gut für den Körper – sondern auch für die Umwelt. (Franziska Zoidl, 4.11.2018)