Das Krankenhaus Nord steht in der Brünner Straße 68–70 auf ehemaligen ÖBB-Gründen. Bebauen wollte diese eigentlich ein Konsortium aus Porr, Siemens und Vamed – und es an den Krankenanstaltenverbund vermieten. Dass die Wahl auf das Grundstück dieses Konsortiums fiel, war laut Stephan Koller kein Zufall, sondern ein "von langer Hand vorbereiteter Deal".

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Wien – Eine Woche bevor die ehemalige Stadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) vor die Untersuchungskommission zum Wiener Krankenhaus Nord tritt, hat die Befragung des Zivilingenieurs Stephan Koller dort interessante Erkenntnisse bezüglich der Grundstücksauswahl und der Verhandlungen des Krankenanstaltenverbunds (KAV) mit dem Konsortium aus Porr, Siemens und Vamed (PSV) zutage gebracht.

Es habe sich dabei um einen "von langer Hand vorbereiteten Deal für einen bestimmten Bieter" gehandelt, sagte Koller, der von 2006 bis 2008 in der Bewertungskommission für das Grundstück saß. "Wenn ich im Wettbewerb jemanden loswerden will, dann setze ich die Kriterien so, dass nicht alle mitmachen können."

"Monopolbieter" und wenig Objektivität

Um sich für die Errichtung des Spitals in Wien-Floridsdorf zu bewerben, musste bekanntlich ein mindestens 50.000 Quadratmeter großes Grundstück vor Ort eingebracht werden. Bis Juni 2006 langten drei Anträge mit vier verschiedenen Grundstücken ein. Die Bewertungskommission stellte aber fest, dass nur das PSV-Konsortium die Mindestanforderung erfüllte. Nach Einsprüchen der nichtqualifizierten Bewerber wurde aber nochmals geprüft, und es blieb doch ein zweiter Bieter im Wettbewerb – dieser zog allerdings im Dezember 2007 zurück.

Porr, Siemens und Vamed seien laut Koller daher "Monopolbieter" gewesen, die Prüfung der Bewerber sei unzureichend gewesen. In einer Sitzung des Kommission Ende Februar 2008 habe man den Verhandlungen mit PSV zugestimmt, die Bewertungskommission wurde damit aufgelöst – seine Zustimmung habe Koller im Nachhinein aber zurückgezogen und mehrmals Warnbriefe an den KAV, aber auch an den Stadtrechnungshof geschickt. Was ihn ebenfalls störte, war, dass außer ihm und zwei anderen Personen hauptsächlich Bedienstete der Stadt Wien in der Kommission gesessen seien, "die später alle etwas wurden". Namentlich erwähnte Koller etwa den ehemaligen Bezirksvorsteher von Floridsdorf, Heinz Lehner, der neben seiner politischen Tätigkeit auch mehrere Funktionen in der ÖBB innehatte. Abgeordnete der SPÖ bestritten das.

Selbstbewusstes Konsortium

Gleichzeitig hätten Vertreter des Konsortiums viel mitzureden gehabt: "Beim Krankenhaus Nord hat sich der KAV die Uhr aus der Hand nehmen lassen, um sich vom Konsortium sagen zu lassen, wie spät es ist."

Grundsätzlich bezeichnete der Zivilingenieur, der unter anderem die begleitende Kontrolle beim Bau des SMZ-Ost verantwortete, die Wahl des Public-Private-Partnership-Modells als eine gute. "Schlecht war aber, dass ich nicht mehrere Bieter und Generalunternehmer hatte." Und der "Kardinalfehler" sei dann der Alleingang des KAV nach Abbruch der Verhandlungen mit dem Konsortium gewesen.

Kritik am Kontrollamt

Koller hatte nach Ende der Bewertungskommission keine Berührungspunkte mit dem Bauprojekt mehr. Seine Aussagen legen allerdings nahe, dass der Rückzug aus dem PPP-Modell erfolgte, weil ein Abschluss mit dem Konsortium wettbewerbsrechtlich nicht zulässig gewesen wäre. Zu einem anderen Schluss kam damals allerdings das Kontrollamt, das wegen seines positiven Berichts von Koller ebenfalls scharf kritisiert wurde. "Warum wurde da nicht eingegriffen und gesagt, das läuft falsch?" Der damalige Kontrollamtschef Erich Hechtner stieg wenige Monate nach Erscheinen des Berichts zum Magistratsdirektor auf.

Abgesagte oder kurze Befragungen

Außer Koller hätte auch Sylvia Schwarz befragt werden sollen – und zwar zur sogenannten Esoterikaffäre. Sie sagte allerdings kurzfristig ab und wird nun an einem anderen Termin geladen. Ab 2010 war sie interimistische ärztliche Direktorin des KH Nord, nach ihrer Pensionierung Anfang 2017 blieb sie externe Beraterin des KAV – bis ihr Vertrag nicht mehr verlängert wurde, weil sie als eine von vier Mitarbeitern für die Beauftragung eines Energetikers verantwortlich gemacht wurde.

Erschienen, aber nur sehr kurz, ist am Dienstag hingegen Marion Weinberger-Fritz, Geschäftsführerin der Raiffeisen Vorsorge Wohnung GmbH und früher Abteilungsleiterin des Immobilienbereichs der Raiffeisen-Holding. Raiffeisen beteiligte sich gemeinsam mit der Strabag an der Ausschreibung für das Krankenhaus Nord, das Konsortium erhielt ihr zufolge jedoch recht früh eine Absage, da die verlangte Verfügbarkeit eines Grundstücks nicht ausreichend gegeben gewesen sei.

Weil das alles aber zwölf Jahre her sei, könne sie sich an fast nichts mehr erinnern – somit war die Befragung nach wenigen Minuten beendet. Für viele Abgeordnete bemerkenswert war, dass Weinberger-Fritz den Aufsichtsratsvorsitzenden der Porr als Begleitperson mitgebracht hatte. Sie verstand die Aufregung allerdings nicht, er sei ihr vom Konzern empfohlen worden.

Spannung vor der nächsten Sitzung

Sonja Wehsely, zwischen Jänner 2007 und Jänner 2017 Stadträtin für Gesundheit und Soziales und somit für den KAV und das Spital Nord zu wesentlichen Eckpunkten verantwortlich, wird am 13. November ab 12 Uhr befragt. Die ehemalige SPÖ-Politikerin wechselte nach ihrem Rückzug als Managerin zu Siemens. (Lara Hagen, 6.11.2018)