Schnäppchen gibt es am Zinshausmarkt längst nicht mehr.

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Ein Wiener Zinshaus, das in der Früh auf den Markt kommt, könnte bis zum Abend schon verkauft sein. Sogar, wenn dafür die stolze Summe von zehn oder zwölf Millionen Euro verlangt wird. So begehrt sind die Mietshäuser aus der Wiener Gründerzeit aktuell.

Konkret wechselten im ersten Halbjahr 248 davon im Wert von 697 Millionen Euro den Besitzer. Das sei ein neuer Rekordwert, heißt es im neuen Zinshausmarktbericht von Otto Immobilien, der den Markt seit nunmehr zehn Jahren durchleuchtet.

Das Knacken der Milliardengrenze bis zum Jahresende kann damit zum vierten Mal in Folge als "sehr wahrscheinlich" angesehen werden, berichtete Wohnimmobilienexperte Richard Buxbaum im Rahmen der Präsentation des Marktberichts. Hotspots waren heuer bisher der 5., 6. und 7. Bezirk. Ein Megadeal ging vor einigen Monaten an der Mariahilfer Straße über die Bühne: Hier wurde ein Zinshaus um mehr als 100 Millionen Euro verkauft.

Die Preise sind auch abseits solcher Lagen in den letzten zehn Jahren stark gestiegen, wie die Zahlen aus dem Marktbericht belegen: 2008 lag der Durchschnittspreis pro Quadratmeter noch bei 1244 Euro. Mittlerweile ist dieser Wert auf 2890 Euro gestiegen. Besonders stark waren die Preisanstiege ab 2015.

Keine Schnäppchen

Schnäppchen gibt es schon lange keine mehr. Waren vor zehn Jahren im 10. oder 11. Bezirk noch Objekte um 300 bis 700 Euro je Quadratmeter zu haben, wird heute kein Zinshaus in durchschnittlichem Zustand unter 1680 Euro pro Quadratmeter mehr verkauft.

Mit den steigenden Preisen sind auch die Renditen gesunken, nämlich von 4,6 Prozent vor zehn Jahren auf aktuell durchschnittlich 2,6. Im ersten Bezirk, dem teuersten Pflaster, liegen diese überhaupt nur noch bei 1,1 Prozent. Wobei das Thema Rendite bei "exklusiveren" Zinshäusern laut Thomas Gruber, Teamleiter Zinshäuser bei Otto, ohnehin immer mehr in den Hintergrund tritt. Wichtiger ist der langfristig steigende Wert des Hauses.

Die Eigentümerstruktur verschiebt sich angesichts dieser Entwicklungen laut Marktbericht immer mehr von Privatpersonen hin zu Unternehmen. Für private Eigentümer würden "Betrieb" und Instandhaltung immer schwieriger, sagte Zinshausexperte Gruber, "Otto Normalverbraucher kann sich nicht mehr vorstellen, dass die Preise weiter steigen", so Eugen Otto, Geschäftsführer von Otto Immobilien. Auch Erbengemeinschaften, die einander nicht auszahlen können, würden sich in letzter Zeit vermehrt für einen Verkauf entscheiden.

Bieterverfahren gefragt

Laut Otto werden auch Bieterverfahren üblicher, um sicherzugehen, dass nicht billig unter der Hand verkauft wird. "Wir haben in den letzten Monaten auch Nachfragen nach Zinshausauktionen gehabt", so Otto. Diese hat das Unternehmen in der Vergangenheit mehrmals durchgeführt. Solche Verfahren würden sich für bestimmte Situationen eignen und einige Monate an Vorbereitungszeit brauchen: "Dazu sind wir in der Lage und jederzeit bereit."

Für den aktuellen Zinshausmarktbericht wurde auch erhoben, wie viele Zinshäuser im Rahmen von Share-Deals den Besitzer wechselten. Das bedeutet, dass nicht das Haus selbst, sondern eine Gesellschaft, der das Haus gehört, verkauft wird. Zwischen September 2017 und August 2018 gab es 48 derartige Transaktionen, was einem Plus von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

"Share-Deals sind keine Randerscheinung", analysierte Florian Schmidl, Partner bei Moore Stephens. Er geht davon aus, dass diese oftmals genutzt werden, um innerhalb der Familie steueroptimiert an die nächste Generation zu übergeben.

Parifizierungen und Abrisse

Seit Beginn der Erhebungen hat sich die Anzahl der Zinshäuser nach der Definition von Otto Immobilien um neun Prozent reduziert, konkret von 15.529 auf 14.071. Der Hauptgrund dafür sei, dass Häuser nach einer Parifizierung aus der Wertung fallen, so Martin Denner, Leiter der Research-Abteilung bei Otto.

Allerdings waren zuletzt auch Abrisse ein großes Thema. Denn im Frühsommer brach vor einer Gesetzesänderung, die den Abbruch alter Häuser erschwert, ein Abrissboom in Wien aus. Mit der Gesetzesänderung wurden bereits laufende Abbrüche gestoppt. Einige dürfen seit kurzem laut Entscheid des Verwaltungsgerichts aber fortgesetzt werden.

Viele Liegenschaften wurden laut Gruber von Projektgesellschaften gekauft. Geplant sei vielerorts ein Abriss und ein Neubau gewesen, nun müsse umgeplant werden. Manche Einkaufspreise seien mit Aussicht auf einen Abbruch und Neubau rückblickend zu hoch gewesen, meint Buxbaum.

Neues Mietrecht

Manche Projektentwickler würden sich wohl zum geeigneten Zeitpunkt von diesen Objekten wieder trennen. Der überwiegende Anteil der Zinshausbesitzer sehe die neue Situation jedoch positiv. "Es wird aber einige wenige geben, die dadurch in existenzielle Probleme kommen."

Auch die überarbeitete Lagezuschlagskarte der Stadt und Diskussionen über ein neues Mietrecht würden bei Privatbesitzern für Unsicherheit sorgen, so die Experten. "Aber all diese Entwicklungen haben nicht zu einer Reduktion der Kaufpreise geführt", betonte Otto. Und so wird es am Zinshausmarkt wohl auch positiv weitergehen. Preisanstiege wie in den letzten zehn Jahren erwartet Otto aber nicht mehr. (zof, 6.11.2018)