Sieht seine Partei als Opfer der eigenen Transparenz: Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) mit seinem Vize Heinz-Christian Strache (FPÖ).

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Wien – Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz sieht seine Partei als Opfer nach der eigenen Wahlkampfkostenüberschreitung vor der Nationalratswahl im Vorjahr: Nach dem Ministerrat am Mittwoch zur vorgeschriebenen Höchstgrenze von sieben Millionen Euro befragt, die die ÖVP mit beachtlichen 13 Millionen gesprengt hat, erklärte er in Anspielung auf die SPÖ: Im Gegensatz zu anderen habe die ÖVP alles transparent gemacht – und bezahle nun die Strafe dafür.

Belege für angebliche Unregelmäßigkeiten anderer Parteien führte Kurz nicht an – und zu einer möglichen gesetzlichen Ausweitung der Ausgabenobergrenze hielt er sich zurück. Diese müsse auf parlamentarischer Ebene erfolgen, erklärte der Kanzler, und könne und solle nicht von der Regierung entschieden werden.

Zerknirschter Vizekanzler

Zerknirschter gab sich FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu den blauen Wahlkampfkosten in der Höhe von 10,7 Millionen Euro: Die Überschreitung sei von seiner Partei nicht geplant gewesen und leider passiert, sagte der Vizekanzler.

Nach dem Pressefoyer legte Kurz noch nach: Es sei "nicht in Ordnung, dass andere schummeln und tricksen und dafür ungestraft davonkommen", ließ er die APA schriftlich wissen.

SPÖ sieht rot

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda wies Kurz' Andeutungen prompt empört zurück: "Bei einer Gesetzesüberschreitung erwischt zu werden und dann mit dem Finger auf andere zu zeigen, zeugt von einem fragwürdigen Charakter", so Drozda in einem Statement an die APA. Dazu erinnerte er an die Aussage "Wir halten uns an die Regeln", die Kurz im ORF-Sommergespräch 2017 getätigt habe. Und auch die damalige ÖVP-Wahlkampfmanagerin Elisabeth Köstinger habe vierzehn Tage vor dem Wahltag noch vom Einhalten gesprochen.

"Wie ernst sind solche Aussagen zu nehmen, wenn man am Schluss fast doppelt so viel Geld ausgibt, wie die Obergrenze erlaubt?", fragt Drozda. "Ganz offensichtlich hat die ÖVP nie vorgehabt, sich an die rechtlichen Grenzen zu halten", so sein Befund. Die SPÖ fordere Parteichef Kurz auf, "offen zu legen, woher der Millionenregen kommt".

Neos fordern Schluss mit Anpatzen

Ähnlich reagierte Neos-Generalsekretär Nick Donig: "Es ist an Scheinheiligkeit nicht mehr zu überbieten, dass ÖVP-Chef Kurz nun versucht, seinen Gesetzesbruch auf andere abzuschieben", kritisierte er in einer Aussendung, und: "Es ist Zeit, dass Kurz mit dem Anpatzen aufhört und die Konsequenzen aus seinem schamlosen Gesetzesbruch zieht."

Donig fordert Kurz außerdem auf, seine Parteifinanzen nach dem Vorbild der Neos offen zu legen, außerdem brauche es harte Strafen bei Verstößen. Die Neos wollen nun ein entsprechendes Forderungspaket an alle Parteivorsitzenden übermitteln.

Sorgsame Opposition

Die rote Parteizentrale hat übrigens knapp 7,4 Millionen Euro Wahlkampfkosten an den Rechnungshof gemeldet. Neos und Liste Pilz blieben deutlich unter der Obergrenze. (Nina Weißensteiner, 7.11.2018)