Manfred Weber will neuer Kommissionspräsident werden.

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Die europäischen Christdemokraten gehen mit dem aus Bayern stammenden Fraktionschef im EU-Parlament, Manfred Weber, in die Europawahlen 2019. Der 46-Jährige wurde am Donnerstag beim Wahlkongress der Europäischen Volkspartei (EVP) in geheimer Wahl mit großer Mehrheit zum gemeinsamen Spitzenkandidaten gewählt.

Auf ihn fielen 492 von 621 abgegebenen Stimmen. Sein einziger Kontrahent, der frühere finnische Premierminister Alexander Stubb, kam auf 127 Stimmen. Dementsprechend groß war der Jubel unter den Delegierten in der Messehalle der finnischen Hauptstadt. 79 Prozent, das zeugt von einem beträchtlichen Ausmaß an Unterstützung, mit dem Parteieninsider nicht gerechnet hatten.

Die Buchmacher gingen davon aus, dass Weber mit einer Zweidrittelmehrheit gut bedient wäre, nicht zuletzt, weil Stupp eine dynamische Nominierungskampagne für eine Rundumerneuerung der Union mit dem Hauptziel der Digitalisierung gefahren hatte.

Umso größer war nach der Abstimmung die Begeisterung im Lager des Deutschen. Weber habe "in einer wunderbaren Rede eine Brücke geschlagen zwischen der eigenen Heimat und der europäischen Aufgabe", befand die deutsche Kanzlerin Angela Merkel. Kanz- ler Sebastian Kurz lobte ihn als "leidenschaftlichen Europäer". Der Spitzenkandidat selbst zeigte sich glücklich, wie freundschaftlich das Rennen mit Stubb gelaufen sei, wie positiv und geeint die Partei nun wahlkämpfen wolle.

Timmermans tritt für Sozialdemokraten an

Gemäß Beschluss der EU-Parlamentsfraktionen soll der Spitzenkandidat jener Parteienfamilie, die bei der Wahl im Mai 2019 stimmenstärkste wird, das Recht auf den Posten des künftigen EU-Kommissionspräsidenten haben. Das Vorschlagsrecht liegt zwar bei den Staats- und Regierungschefs. Aber ohne Mehrheitsbeschluss in Straßburg kann niemand Kommissionschef werden.

Europas Sozialdemokraten haben den Grundrechtekommissar Frans Timmermans als Nummer 1 aufgestellt. Die Liberalen dürften erst im Februar entscheiden.

Die EVP ist die stärkste Fraktion im EU-Parlament. Wegen wahrscheinlichen Verlusten der Sozialdemokraten wird es im neuen Parlament im Juli ein Drei-Parteien-Bündnis geben müssen, um eine Mehrheit für ein Kommissionsprogramm zu finden.

Weber legte sich bereits fest: Von den Rechtspopulisten, wie Italiens Lega unter Matteo Salvini oder der polnischen PiS-Partei, die die Werte, die Demokratie, den Rechtsstaat in Europa am liebsten "in die Hölle schicken" würde, werde er sich nicht wählen lassen. Da ziehe er eine klare Linie der Abgrenzung: keinerlei Zusammenarbeit. Weber will einen positiven Wahlkampf für ein besseres Europa der Bürger führen, für die Stärkung der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit. Es sei ein wichtiges Symbol, dass er als Parlamentarier nun als Spitzenkandidat der EVP antrete, sagte er. Harsche Kritik gab es beim Parteitag erneut an Ungarn und Polen. Wer gegen den Rechtsstaat und gegen eine unabhängige Justiz sei, Nationalismus über das Individuum stelle, wer Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit pflege, "der ist kein Christdemokrat", sagte Ratspräsident Donald Tusk unter großem Applaus. (Thomas Mayer aus Helsinki, 8.11.2018)