Weltweit steigt die Resistenz von Krankheitserregern gegenüber Antiinfektiva, also Medikamenten, die zur Heilung von Infektionen bei Mensch und Tier eingesetzt werden. Die größte Gefahr sind Antibiotikaresistenzen: Wenn Bakterien durch Antibiotika nicht abgetötet werden können, verliert die Medizin eine wirksame Waffen gegen viele weit verbreitete und potenziell tödliche Infektionserkrankungen.

Bereits 2015 hat die WHO einen globalen Aktionsplan beschlossen, dem viele nationale gefolgt sind. In Österreich haben Experten nun im Rahmen der Initiative Arznei & Vernunft (A&V) die Antiinfektiva-Leitlinie für Ärzte und Apotheker sowie die Informationen für Patienten auf Basis aktuellster wissenschaftlicher Erkenntnisse neu überarbeitet.

"Wir haben bei dieser Leitlinie besonders darauf geachtet, dass sie im Praxisalltag gut einsetzbar ist. Schließlich stellen Infektionen im ambulanten Bereich eine der häufigsten Krankheitsformen sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen dar", so der Leiter der Expertengruppe Ernst Singer.

Situation in Österreich

Die Empfehlungen basieren auf aktuellen Studienergebnissen sowie internationalen Leitlinien und geben einen Überblick über die Resistenz-Situation in Österreich sowie über moderne Diagnose- und Therapiemethoden.

"Die erfreuliche Nachricht ist, dass in Österreich die Gesamtmenge an verbrauchten Antibiotika pro Einwohner im europäischen Vergleich sehr niedrig ist. Entsprechend niedrig sind auch die Resistenzraten", erklärt Alexander Biach, Verbandsvorsitzender des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger. "Antibiotika werden in Österreich jedoch im Winter überdurchschnittlich häufig verschrieben. In anderen Ländern wie Dänemark, Schweden oder Norwegen sind derartige saisonale Schwankungen kaum zu finden.

Im Jahr 2017 lag die Verordnungszahl im ersten Quartal um 16 Prozent über dem Gesamtjahresdurchschnitt der letzten drei Jahre, im dritten Quartal hingegen 19 Prozent darunter. Besonders stark ausgeprägt waren diese Unterschiede bei Kindern im Alter bis zu 14 Jahren. Hier lag die Verordnungszahl im ersten Quartal um 23 Prozent über dem Durchschnitt, im dritten Quartal um 37 Prozent unter diesem", so Biach weiter.

Der richtige Einsatz

"Die Erforschung neuer Antibiotika ist extrem aufwändig und risikoreich wie kaum eine andere: nicht einmal ein Prozent aller Forschungsansätze schafft es bis zum Markt", sagt der Präsident des Verbands der pharmazeutischen Industrie Österreichs, Pharmig, Martin Munte. "Jedenfalls müssen wir vor allem am richtigen Einsatz der vorhandenen Therapien arbeiten, damit Resistenzen nicht noch weiter voranschreiten. Als zentral erachte ich hier eine bessere Vernetzung des niedergelassenen mit dem Spitalsbereich."

Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer betont, es müsse vor allem darum gehen, dass Infektionen erst gar nicht ausbrechen. Vorbeugung sei daher eine der wirkungsvollsten Waffen gegen Antiinfektiva-Resistenzen. Allen voran spielten Impfungen eine immens wichtige Rolle. Allein durch höhere Durchimpfungsraten würde es weniger Infektionen geben und es müssten weniger antibiotische oder antivirale Medikamente eingesetzt werden.

"In der Beratung von Kunden und Patienten durch Apothekerinnen und Apotheker zeigt sich, dass die genaue Einnahme von Antibiotika oft nochmals erklärt werden muss", sagt die Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, Ulrike Mursch-Edlmayr. "Das ist im Hinblick auf mögliche Neben- bzw. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten oder Nahrungsergänzungsmitteln besonders wichtig." Dabei werde auch die flächendeckende Einführung der e-Medikation bis Jahresende 2019 eine Hilfe sein, da dadurch alle vom Patienten verwendeten Arzneimittel überblickt werden können. (red, 9.11.2018)