Donald Trump macht kein Geheimnis daraus, dass er sein Amt vor allem dafür nützt, seine persönlichen Interessen zu schützen.

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Für einen Politthriller würde sich der Stoff kaum noch eignen: Undurchschaubar und zugleich eigenartig transparent, in den meisten Belangen so banal, dass es als fiktiver Stoff kaum noch glaubhaft wäre. Die US-Russland-Affäre gestaltet sich ganz nach dem Wesen ihres Hauptprotagonisten, Präsident Donald Trump.

Vieles, das ihm zur Last gelegt wird, klingt viel zu fantastisch, um der Realität zu entspringen. Der Kern der Vorwürfe, eine Art illiberales Geheimbündnis zwischen dem selbstverliebten Geschäftsmann und finsteren Gestalten im Kreml zur Zerstörung des US-Systems, würde als fiktiver Stoff kaum Abnehmer finden. Zugleich agiert Trump entwaffnend offen. Er macht kein Geheimnis daraus, dass er sein Amt vor allem dafür nützt, seine persönlichen Interessen zu schützen: Ein Filmbösewicht, der sich so wenig Mühe gibt, seine Ziele zu verschleiern, wäre allenfalls in schlechten Agentenparodien zu finden.

Das war so, als er im Mai 2017 FBI-Chef James Comey entließ – und dann zugab, dabei an die Russland-Ermittlungen gedacht zu haben. Es ist nun wieder so: Trump gibt sich nicht die Mühe, für den erzwungenen Rücktritt von Jeff Sessions als Justizminister relevante Gründe zu suchen. Stattdessen hat er die Entlassung seit Monaten angekündigt. Und er hat sie klar damit begründet, dass Sessions nichts unternommen habe, um Sonderermittler Robert Mueller zu stoppen.

Trump-Universum

Trump tut es sich auch nicht an, fachliche Erklärungen für die Auswahl des Sessions-Ersatzes zu suchen: Matthew Whitaker, der auch die Aufsicht über die Mueller-Ermittlungen übernimmt. Das wäre auch schwierig, Whitaker kann eine nur magere Laufbahn zwischen Politik und Justiz vorweisen. Seine Verstrickung in einen Betrugsfall würde ihn außerhalb des Trump-Universums nicht gerade für das Amt empfehlen, das er nun innehat. Für den Präsidenten hingegen zählt nur ein Punkt, den er auch öffentlich betont hat: Er kann sich von Whitaker Loyalität erwarten.

Für manche Wählerinnen und Wähler mag es erfrischend sein, dass Trump so unverblümt zeigt, worum es ihm geht, und dass er nicht dem üblichen Typ Politiker entspricht. Ihm hilft dabei, dass es viele Unterstützer eines "starken Mannes" als völlig normal erachten, wenn dieser die eigenen Interessen mit jenen des Staates vermischt. Sie haben sich bereits daran gewöhnt, von ihrer Regierung nicht mehr zu erwarten. Das zeigt nicht zuletzt die erfolgreiche Aufholjagd der Republikaner, zu der Trumps Wahlkampfengagement sicher viel beigetragen hat. Für das Vertrauen aller Bürger in den Staat ist es aber – auch abseits der möglichen Russland-Verstrickungen – fatal.

Ungünstigerweise kommt dazu, dass Trump mit der Wahl ein Heer neuer Unterstützer erwachsen ist: Jene Republikaner, die mit seiner Hilfe ihre Sitze verteidigen oder gewinnen konnten, sind ihm nun etwas schuldig. Der Präsident wird keine Skrupel haben, die Schulden bald einzutreiben – vermutlich mit gehörigen Zinsen.

Das mag im Repräsentantenhaus, wo bald die Demokraten federführend sind, weniger wichtig sein. Im Senat entsteht dadurch aber eine furchterregende Kontrolllücke. Jene Parlamentskammer, die für die Bestätigung eines neuen Justizministers ebenso zuständig ist wie für die Zustimmung zu Richtern, wird dem Präsidenten nun noch weniger entgegensetzen wollen als zuvor. Das ist gefährlich: Trump kann sich aussuchen, wer ihn kontrolliert. (Manuel Escher, 8.11.2018)