Wien – Im Sommer 2018 war die Achse Moskau–Wien noch eine der wenigen intakten Verbindungen der russischen Hauptstadt zu einem EU-Staat. Der russische Präsident Wladimir Putin gastierte bei der Hochzeit von Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) und legte mit ihr ein weltweit beachtetes Tänzchen hin. FPÖ-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und sein Parteikollege, Verteidigungsminister Mario Kunasek, nutzten die Gelegenheit für ein gemeinsames Foto mit Putin.

Verteidigungsminister Mario Kunasek (FPÖ) mit Russlands Präsident Wladimir Putin bei der Kneissl-Hochzeit.

Drei Monate später haben die Beziehungen einen Knacks bekommen. Die Affäre rund um einen Bundesheeroffizier, der mindestens 20 Jahre für Russland spioniert haben soll, lässt Wien neue Töne anschlagen. Kneissl hat ihre für Dezember geplante Russlandreise abgesagt. "Sollten sich die jetzt vorliegenden Verdachtsmomente bestätigen, dann würde dies eine schwerwiegende Belastung für die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Russland darstellen", teilte sie am Freitag mit. Bundeskanzler Sebastian Kurz hält die Spionage für "inakzeptabel".

Putin zu Besuch bei Österreichs Regierungsspitze.
Foto: APA/ROBERT JAEGER

Spezielle Beziehungen

Ein Tonfall, den man in Moskau aus Wien lange Zeit nicht mehr vernommen hatte. Im Gegenteil: Bisher war Österreich nicht nur ob lukrativer Öl- und Gasgeschäfte zwischen der OMV und russischen Staatsbetrieben stets unkritischer gegenüber Moskau als andere europäische Staaten. Auch Kurz schienen etwaige wirtschaftliche Bedenken immer wieder von politischen Maßnahmen abzuhalten. Und gerade FPÖ-Politiker stehen immer in der ersten Reihe, wenn es darum geht, ein Ende der EU-Sanktionen gegen Russland zu fordern. Auch nach dem Giftanschlag auf den Doppelagenten Sergei Skripal in Salisbury beteiligte sich Wien nicht an Diplomatenausweisungen und Sanktionen.

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Ein Tanz und ein Knicks gingen um die Welt.
Foto: AP / Roland Schlager

Die Destination Moskau ist bei freiheitlichen Politikern ein angesagtes Ziel. 2008 traf eine von Strache angeführte Delegation Moskaus Bürgermeister Juri Luschkow. Zuletzt besuchte Ende Oktober FPÖ-Innenminister Herbert Kickl seinen Amtskollegen Wladimir Kolokolzew, um über Kooperationen – etwa bei Abschiebungen von Geflüchteten – zu reden. Katastrophenschutzminister Jewgeni Sinitschew wurde von Kickl für Jänner 2019 nach Wien eingeladen, "um von uns zu lernen".

Freundschaftsvertrag

Die guten Beziehungen zwischen Putin und der FPÖ begannen bereits 2007, als Strache Putin erklärte, dass dieser jederzeit in Österreich willkommen sei, ihm kurz darauf zu seinem Wahlsieg gratulierte und 2008 Verständnis für den Einmarsch russischer Truppen in Georgien, der zuvor von der westlichen Staatengemeinschaft kritisiert worden war, suggerierte.

Im Dezember 2016 wurde die "Freundschaft" offiziell besiegelt. Damals unterzeichnete die Parteispitze – Heinz-Christian Strache, Harald Vilimsky, Norbert Hofer und Johann Gudenus – einen Freundschaftsvertrag mit der Putin-Partei "Einiges Russland." Bei der Erstellung dieses Vertrags war der Linzer Vizebürgermeister Detlef Wimmer beteiligt.

Die FPÖ-Spitze in Moskau.

Wimmer wiederum reiste auch mehrmals auf die von Russland besetzte Halbinsel Krim. Für ihn steht fest, dass die Krim zu Russland gehört. Mit dabei war auch Hans-Jörg Jenewein, der zurzeit die FPÖ im BVT-Untersuchungsausschuss vertritt.

In der Partei gab man sich am Freitag abwartend: Spionagefälle seien "immer belastend", auch für Beziehungen zwischen Parteien, sagte Generalsekretär Christian Hafenecker zum STANDARD. Bevor die FPÖ Konsequenzen ziehe, wolle sie die Ermittlungen der Behörden abwarten (faso, sum, sefe, 9.11.2018)