Hamas-Kämpfer beim Begräbnis der sieben getöteten Palästinenser.

Am Tag danach kann die Frage nach dem Warum zumindest ansatzweise geklärt werden: Etwas muss wohl schiefgelaufen sein bei dem geheimen Sondereinsatz der israelischen Armee im Gazastreifen am Sonntagabend – deshalb kam es zu dem Feuergefecht, bei dem ein israelischer Soldat und sieben Palästinenser getötet wurden, darunter der Bataillonskommandeur der Hamas, Nur Baraka.

Was genau aber die israelische Spezialeinheit in Khan Yunis im südlichen Gazastreifen geplant hatte, die dort in einem Fahrzeug unterwegs war, bleibt weiterhin geheim. In israelischen Medien wird spekuliert, ob es um Informationsbeschaffung zur Infrastruktur der Hamas ging – oder gar um die noch immer im Gazastreifen vermissten Israelis. Immerhin: Einen Auftrag zum Töten hatten die Soldaten nach Angaben der Armee nicht: "Die Spezialoperation gestern war nicht darauf ausgerichtet, Terroristen zu töten oder zu entführen, sondern um Israels Sicherheit zu stärken", schrieb die Armee auf Twitter.

Dass Israels Luftwaffe der Spezialtruppe mit Beschuss aus der Luft helfen musste, aus dem Gazastreifen zu gelangen, und bereits in der Nacht Raketenbeschuss aus Gaza auf Israel folgte, kann jedenfalls kaum der Plan gewesen sein. Nicht ausgerechnet jetzt: Nachdem seit dem Sommer die Lage in Gaza immer wieder eskalierte, ist die Hoffnung auf einen langfristigen Waffenstillstand in diesen Tagen so groß wie lange nicht.

Ungewöhnlicher Zeitpunkt

Seit Wochen wird im Hintergrund unter Vermittlung von Ägypten verhandelt. Unter den Augen der Israelis erreichten vor wenigen Tagen sogar 15 Millionen Dollar aus Katar in Koffern den Gazastreifen, um zivile Hamas-Mitarbeiter zu bezahlen, die seit Monaten auf ihr Geld warten. Zum ersten Mal seit langem fließt der Strom in Gaza derzeit wieder länger als vier Stunden am Tag.

Und nur wenige Stunden vor dem Vorfall versicherte auch Premier Benjamin Netanjahu bei seinem Besuch in Paris friedliche Absichten: "Ich tue alles, was ich kann, um einen unnötigen Krieg zu vermeiden", sagte er bei einer Pressekonferenz. Sein Plan für den Gazastreifen, so berichten israelische Medien: kurzfristige Ruhe, langfristiger Waffenstillstand – nur eine diplomatische Vereinbarung lasse sich mit einer Terrorgruppe nicht schließen.

Erneute Eskalation am Montagnachmittag

Der Vorfall am Sonntagabend passt also nicht zu den derzeitigen Entwicklungen. Zunächst sah es auch tatsächlich so aus, als würde sich die Lage schnell wieder beruhigen. Die Hamas, analysierte die israelische Tageszeitung "Haaretz", könnte den Vorfall als Erfolg verbuchen und auf weitere Reaktionen verzichten.

Am Montagnachmittag jedoch kam es erneut zu einer heftigen Eskalation: Gleich mehrere Male wurde im Süden Israels Raketenangriff gemeldet, laut Armee wurde ein israelischer Bus getroffen. Eine Person soll Medienberichten zufolge schwer verletzt worden sein. Israel hat bald darauf begonnen, mit dem Beschuss von Terrorzielen im Gazastreifen zu reagieren. Ein TV-Gebäude der Hamas wurde dabei zerstört. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 12.11.2018)