Reges Medieninteresse bei der Befragung von Sonja Wehsely. Mit dem damaligen Wissen habe sie richtig gehandelt, erklärte sie.

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Wien – Die gute Laune, mit der Sonja Wehsely am Dienstag ins Rathaus kam, währte nicht lange. Bereits nach wenigen Minuten warf ihr die FPÖ in der Untersuchungskommission vor, die Unwahrheit gesagt zu haben. Sie habe die Öffentlichkeit vor der Wien-Wahl 2015 eben nicht über gestiegene Kosten und Verzögerungen beim Bau des Spitals in Floridsdorf informiert. Die ehemalige SPÖ-Politikerin hatte zuvor anderes berichtet – und blieb dabei: Im Juni 2015 habe es eine Aussendung der Stadt gegeben, wo über Kostenüberschreitungen von zehn Prozent und mögliche Verspätungen informiert wurde. "Ich habe immer zu dem Zeitpunkt, als klar war, dass sich ein Risiko verwirklichen wird, den Gemeinderat informiert."

Den Unterschied zwischen Risiko und Verwirklichung dessen betonte Wehsely im Laufe der Sitzung wiederholt. Die Begleitende Kontrolle habe immer "Best Case"- und "Worst Case"-Szenarien beschrieben. "Ich habe nicht immer, wenn ich ein Worst-Case-Szenario erfahren habe, die Öffentlichkeit informiert", sagt Wehsely, die nach ihrem Abgang als Stadträtin Anfang 2017 zu Siemens nach Deutschland wechselte. "Ich habe aber nie die Unwahrheit gesagt." Sie würde auch heute wieder so vorgehen, denn sie habe die Verhandlungsposition der Stadt nicht schwächen wollen.

Zehn Jahre Gesundheitsstadträtin

Wehsely wurde einerseits von bisher gehörten Zeugen, andererseits von der Opposition im Vorfeld der Befragung als Hauptverantwortliche für Verspätung und Mehrkosten des Bauprojekts ausgemacht. Wehsely kam Anfang 2007 zum Projekt. Damals war bereits beschlossen, das Spital mit einem Konsortium zu bauen, das ein Grundstück in Floridsdorf mitbringen sollte. Die Entscheidung für das Konsortium aus Porr, Siemens und Vamed fiel dann bereits zu ihrer Zeit als Stadträtin. Ebenso die Entscheidung, 2010 die Verhandlungen mit den Firmen abzubrechen und selber zu bauen bzw. Einzelausschreibungen für diverse Gewerke zu machen.

Wehsely machte in ihrer Befragung allerdings deutlich: "Die operative Verantwortung liegt nicht bei der Stadträtin, dafür gibt es ein Management, das dafür eingesetzt und bezahlt wird."

Ihre Überwachungsaufgaben habe sie "redlich" wahrgenommen, sagte Wehsely. Einen Bau-Nobelpreis werde man für das Projekt aber nicht gewinnen.

Kritik an Ex-KAV-Direktor Marhold

Für das angesprochene Management des Krankenanstaltenverbundes (KAV) fand Wehsely nicht nur lobende Worte. So wundere sie sich über die Darstellung, dass unter dem ehemaligen KAV-Direktor Wilhelm Marhold – also bis Ende 2013 – noch alles nach Plan gelaufen sei. Das habe ihr dieser zwar zu der Zeit versichert, wer den Bericht des Rechnungshofs lese, wisse aber, dass dies nicht stimmen könne.

Ganz allgemein müsse bei diesem Bauprojekt unterschieden werden, ob man getroffene Entscheidungen mit dem heutigen Wissen beurteile "oder damals in der Situation".

Diese Aussage wiederholte Wehsely bei mehreren Fragen, vor allem bezog sie sich aber zum Wechsel der Strategie 2010 darauf. Damals wurden die Verhandlungen mit dem Konsortium beendet und entschieden, dass der KAV selbst als Bauherr auftritt.

Projekt "gut, richtig und effizient"

"Sie hätten doch wissen müssen, dass der KAV dafür nicht gerüstet ist", hieß es von der Wiener FPÖ. Sowohl die interne Revision des Krankenanstaltenverbunds als auch Marhold sowie das Kontrollamt hätten mehrmals bestätigt, dass die "Art und Weise des Aufbaus des Projekts gut, richtig und effizient war". Heute sei man freilich klüger.

Drei Gründe habe es dafür gegeben, dass die Verhandlungen mit dem Konsortium beendet werden: Die Kritik im 2010 erschienenen Kontrollamtsbericht, die Präferenz der Europäischen Investitionsbank, von der die Stadt ein Darlehen wollte, und dass man sich mit dem Konsortium nicht auf einen Preis habe einigen können.

Die Zusammenarbeit mit Privaten machte Wehsely zu einem zentralen Punkt in ihrer Befragung. Lernen sollte man aus diesem Bauprojekt, dass sich die Stadt "von Anfang an stärker aufstellen und besser vorbereiten muss, um Bauwirtschaft und Industrie besser Paroli bieten zu können".

Wehsely sieht keinen Skandal

Es sei bei Großbauprojekten nicht automatisch so, "dass Bauwirtschaft und Industrie Freunde der öffentlichen Hand sind". Die Stadt könne beispielsweise nicht mithalten, was die Bezahlung betrifft. Gute Leute würden so verlorengehen. Einen Skandal kann Wehsely jedenfalls nicht erkennen. Den Unterschied zwischen einem solchen und gemachten Fehlern "würde ich gerne Klavier spielen können". (David Krutzler, Lara Hagen, 13.11.2018)