Wien – Wirtshaussessel vom Schneeberg, ein Jahrhundertwende-Reiseschrank oder eine 50er-Jahre-Küche aus einer City-Anwaltskanzlei: Die Wiener Vintage-Institution "Glasfabrik" zieht um und eröffnet am Samstag ihren neuen Standort im 15. Bezirk. Auf 2.500 Quadratmetern kann man sich durch drei Jahrhunderte Interieur und Alltagsdesign graben. Heizung, Reiseabteilung und "Bahnhofscafe" gibt es nun auch.

Mitte der 1990er-Jahre haben sich vier Altmöbelhändler zur "Glasfabrik" zusammengeschlossen. In drei riesigen Hallen eines ehemaligen Glasbiegewerks in Ottakring wurde Nostalgisches verkauft. Nach 22 Jahren muss der Gebrauchtwaren-Umschlagplatz seinen Stammsitz räumen: Die Werkshallen werden demnächst abgerissen, um Platz für Wohnbauten zu machen. Mit der neuen Bleibe in einer aufgelassenen ÖBB-Druckerei hinter dem Westbahnhof läuft der Mietvertrag vorerst auf zehn Jahre.

Die neuen Räumlichkeiten sind niedriger und kleinteiliger, die Ausstellungsfläche verteilt sich nun auf drei Geschoße, das Konzept ist allerdings gleich geblieben: Tausende Schätze aller Art aus Wohnungs- und Geschäftsauflösungen, privaten Hinterlassenschaften oder Flohmärkten werden gereinigt, arrangiert und oft ohne Restaurierungsarbeiten verkauft.

Nach 22 Jahren zieht die Glasfabrik an einen neuen Standort.
Foto: Margret Weber-Unger

Der neue Standort

Im Erdgeschoß sollen vor allem "Schmuckstücke quer durch alle Epochen" von Barock bis zu den 1980er-Jahren hergezeigt werden, sagt Simon Weber-Unger, einer der drei "Glasfabrikanten". Dort wurde auch jenes Relikt verbaut, das man aus der alten Heimat übersiedelt hat: ein riesiger Glasfenster. Dieses trennt den Schauraum von einer neuen Verweilecke mit Kaffee-Ausschank ab. Im ersten Geschoß findet man Wohnmöbel: Tische, Kästen, Sessel, einen Stock darüber befindet sich die "Reiseabteilung" mit Schrankkoffern, Gartensesseln und Sonnenschirmen oder Globen. Dass inzwischen Stile kunterbunt zusammengewürfelt und Gebrauchsgegenstände als Deko zweckentfremdet werden, kommt der "Glasfabrik" entgegen. "Die Leute trauen sich inzwischen mehr. Das liegt sicher auch an Instagram oder Pinterest", vermutet Weber-Unger.

Von den vier "Glasfabrikanten" ist übrigens einer abgesprungen: Das "Lichterloh" mit Hauptsitz an der Gumpendorfer Straße hat nun seine eigene Dependance "Lilo's" in der früheren Anker-Brotfabrik in Favoriten. Dort wurde im vorderen Teil ein Showroom von rund 250 Quadratmetern eingerichtet, der seit vergangenen Samstag offen hat. "Bunte, freche Dinge" sollen dort ihre Käufer finden – von der Stehlampe über Tischchen bis Spiegel und Keramik. Im Gegensatz zum hochpreisigen Geschäft in Mariahilf werden hier Dinge angeboten, die nicht so exklusiv und perfekt restauriert sind.

In der Werkstatt soll es künftig Workshops für Interessierte an Holzarbeit geben, das Geschäft vermittelt zudem an Handwerker-Partner wie Sesseltapezierer oder Lampenschirmmacher, wenn in die Jahre gekommene Lieblingsstücke repariert werden müssen. (APA, red, 14.11.2018)

Adressen:

Glasfabrik, Felberstraße 3, 1150 Wien

Lichterloh, Anker-Brotfabrik, Absberggasse 27, 1100 Wien