Der Hilferuf eines Arbeitnehmers: "Die Dienstplangestaltung wirkt sich negativ auf das Leben der Mitarbeiter aus."

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Die "ausdrückliche und freiwillige Bereitschaft", bei Bedarf zwölf Stunden zu arbeiten, findet sich mittlerweile auch in Verträgen, wie sich zeigt.

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In der Steiermark sind erste Arbeitsverträge und Betriebsvereinbarungen aufgetaucht, in denen Arbeitnehmer verpflichtet werden sollen, "freiwillig" zwölf Stunden täglich zu arbeiten. "Die im neuen Arbeitszeitgesetz vorgesehene Freiwilligkeit für die Beschäftigten ist eine hohle Phrase", sagt der steirische Arbeiterkammerpräsident Josef Pesserl, "der Druck, zwölf Stunden am Tag zu arbeiten, wird immer stärker."

Beschäftigten, die etwa auf der Suche nach einem Saisonjob sind, seien bereits entsprechende Verträge vorgelegt worden. Ein Arbeitnehmer habe an die AK in einer E-Mail mit dem Betreff "Sklavenvertrag" zum Beispiel einen Dienstvertrag von einem Luxushotel am Arlberg gesandt, worin es heißt: "Der Arbeitnehmer erklärt seine ausdrückliche und freiwillige Bereitschaft, bei Vorlage eines erhöhten Arbeitsbedarfes im Sinne des Paragrafen 7, Absatz 1 AZG (in der Fassung ab 1.9.2018) eine Tagesarbeitszeit von bis zu zwölf Stunden sowie eine Wochenarbeitszeit von bis zu 60 Stunden leisten zu wollen."

Hinweise auf Änderungen und Kündigungen

Es gebe seit Einführung des neuen Arbeitszeitgesetzes dutzende weitere Hinweise auf grundsätzliche Änderungen und Kündigungen von Betriebsvereinbarungen. Das betreffe bereits Produktionsbetriebe der Metall- und Holzbranche mit mehreren hundert Mitarbeitern.

Jedenfalls seien Betriebsräten aktuell in etlichen Unternehmen geänderte Vereinbarungen zur Unterschrift vorgelegt worden. Konkret etwa heißt es in einem Papier: "... auf Basis der neuen ab 1.9.2018 gültigen Regelung des Arbeitszeitgesetzes wird die Möglichkeit der Feiertags- und Wochenendarbeit an vier frei gewählten Tagen umgesetzt." Sämtliche Anfragen und Hinweise seien jedoch mit der dringenden Bitte um Anonymität versehen worden. Pesserl: "Die Arbeitnehmer fürchten um ihre Arbeitsplätze."

Hilferuf

Der AK-Präsident zitiert auch aus einem "Hilferuf" eines Arbeitnehmers: "Die Dienstplangestaltung wirkt sich negativ auf das Leben der Mitarbeiter aus. So kommen unsere Mitarbeiter wöchentlich auf eine durchschnittliche Arbeitszeit von 48 Stunden. Zwei freie Tage pro Woche werden nur einzeln gewährt, ein gesamtes freies Wochenende pro Monat ist nicht möglich, gleich wie zwei Tage geblockt frei hintereinander nicht möglich sind. Sechs Monate arbeiten ohne freies Wochenende, 48 Stunden wöchentlich sind unzumutbar."

AK-Arbeitnehmerschutzexperte Karl Schneeberger weist darauf hin, dass extreme Verunsicherung auch in den Etagen unterhalb der Geschäftsführung herrsche, denn noch sei nicht wirklich klar, welche Ebenen tatsächlich völlig von den Arbeitszeitregelungen ausgenommen sind. Das treffe vor allem die IT-Branche, aber auch den Handel, Stichwort Filialleiter.

Das Fazit für AK-Präsident Pesserl: "Das Arbeitszeitgesetz muss völlig neu behandelt werden." (Walter Müller, 14.11.2018)