Die 14 Dinamo-Zagreb-Ultras sitzen wegen Wiederbetätigung im Landesgericht Salzburg vor dem Geschworenensenat.

Foto: Stefanie Ruep

Die Angeklagten mit Verteidiger Kurt Jelinek im Schwurgerichtssaal.

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Salzburg – Die 14 Männer im Alter zwischen 23 und 37 Jahren sitzen mit weißen Hemden oder im Sakko auf der Anklagebank im neu renovierten Schwurgerichtssaal des Salzburger Landesgerichts. Staatsanwalt Marcus Neher begeht mit seiner Anklage Neuland. Er wirft den Mitgliedern der Ultras des kroatischen Fußballvereins Dinamo Zagreb Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz vor. Es ist die erste Anklage in Österreich nach dem Verbotsgesetz wegen der Verherrlichung des Ustascha-Regimes.

Die Anhänger der Ultra-Gruppe Bad Blue Boys, die sich selbst Exil Boys nennen, sollen sich am 20. Juni 2015 in Hallein getroffen haben, um die Leistungen der dem Nationalsozialismus nacheifernden Ustascha-Bewegung zu verherrlichen, führt Staatsanwalt Neher in seinem Plädoyer aus. Bei einer Gartenparty in Hallein seien Ustascha-Lieder gesungen worden, und eine Flagge des Regimes hing neben einem auf die Zeltplane aufgemalten Hakenkreuz. Die faschistische Ustascha-Diktatur war ein Terrorregime, das Juden, Kommunisten, Roma und vor allem Serben brutal verfolgte, in KZs internierte und ermordete.

Hitler- und Ustascha-Gruß "rechtlich gleichbedeutend"

In den frühen Morgenstunden war die Gruppe schließlich in der Stadt Salzburg unterwegs. Um fünf Uhr morgens haben sie ein Erinnerungsfoto in der Schwarzstraße vor dem Hotel Sacher mit ausgestrecktem rechtem Arm aufgenommen. Einige der Männer, die in Österreich, Deutschland und der Schweiz leben, würden sich selbst als kroatische Nationalisten beschreiben, sagt der Staatsanwalt. "Sie räumen ein, den kroatischen Gruß gezeigt zu haben." Das müsse für Dritte so ausgesehen haben, als würden sie den Hitlergruß zeigen. Und: "Ob Hitler- oder Ustascha-Gruß – ich sage, es ist rechtlich gleichbedeutend", betont Neher.

Im Paragraf 3g des Verbotsgesetzes heiße es nicht, sich nationalsozialistisch wiederzubetätigen, sondern sich im Sinne des Nationalsozialismus wiederzubetätigen, erklärt Neher den Geschworenen. "Egal in welchen Gewande, mit welchem Etikett man den Nationalsozialismus schmackhaft machen will. Das Ustascha-Regime ist kein unabhängiger Staat gewesen, sondern hat sich dem nationalsozialistischen Deutschland als Vasall unterworfen."

Verteidiger: "Anklage ist ein Versuchsballon"

Das sieht der Verteidiger von elf Angeklagten, Kurt Jelinek, freilich anders: "Die Anklage ist ein Versuchsballon." Das Innenministerium plane eine Änderung des Symbole-Gesetzes. Ustascha-Symbole sollen künftig verboten werden. "Dann ist es jetzt noch nicht so", sagt Jelinek. Er habe ein Gutachten von Strafrechtsprofessor Hubert Hinterhofer eingeholt. Demnach würden andere Regime nicht unter das Verbotsgesetz fallen. "Das war eine Grillfeier und kein Ustascha-Treffen", sagt Jelinek, der auch mehrmals darauf hinwies, dass die Angeklagten sich sowohl in der Kirche als auch sozial engagieren. "Das sind keine extremen Hooligans", betont der Verteidiger.

Auch der Verteidiger der weiteren drei Angeklagten, Manfred Arthofer, führte aus, dass es nicht erlaubt sei, das Verbotsgesetz auf kroatische Symbole auszuweiten. Das habe der Verfassungsjurist Bernd-Christian Funk bereits im Zusammenhang mit dem jährlichen Ustascha-Aufmarsch in Bleiburg ausgeführt. Alle Angeklagten bekennen sich nicht schuldig.

Staatsanwalt Marcus Neher nannte den Hinweis auf das Symbole-Gesetz "juristische Taschenspielertricks". Denn bei der geplanten Änderung gehe es um einen Verwaltungsstrafbestand. Das Strafrecht stehe darüber. Neher betonte zudem: "Wenn es rechtlich falsch wäre, hätte es einen Einspruch der Anklage gegeben. Den gab es aber nicht, sonst würden wir nicht hier sitzen."

Die Verhandlung geht am Nachmittag weiter. Auch für Freitag, Montag und Dienstag sind weitere Verhandlungstage anberaumt. Ob diese überhaupt benötigt werden, ist aber fraglich. Laut Anwalt Kurt Jelinek werden die Angeklagten nicht aussagen. Den Angeklagten drohen bei einem Schuldspruch zwischen ein und zehn Jahre Haft.

Präzedenzfall für Ustascha-Symbole

"Das könnte ein Präzedenzfall sein", sagte Nationalismusforscher Dario Brentin bereits bei der Anklageerhebung zum STANDARD. Dadurch, dass ein direkter Vergleich zwischen dem Ustascha-Regime und Nazideutschland gezogen werde, könnte eine Verurteilung weitreichende Folgen haben. Das für Dienstag geplante Urteil könnte nicht nur rechtspolitisch für weitere Anklagen bedeutsam sein, sondern auch in Hinblick des jährlichen Ustascha-Aufmarsches in Bleiburg. Bisher sind im Zusammenhang mit der Gedenkfeier des sogenannten "Bleiburger Massakers" meist nur Teilnehmer angeklagt worden, die den Hitlergruß gezeigt haben. (Stefanie Ruep, 15.11.2018)