Welche Kraft ein Quarzsteinanhänger seinem Träger verleiht, was man mit buntem Keramikschmuck ausdrückt oder zu welchem Typ eine Großkaliberuhr passt, haben uns Alexandra Grausam, Erwin Bohatsch, James Hersey und Renée Schroeder im Gespräch über Uhren und Schmuck verraten

Erwin Bohatsch: "Fette Uhren sind mir zu protzig"

"Auf dem Foto bin ich mit einer Uhr von Jaeger-LeCoultre aus den 1960er-Jahren zu sehen. Es handelt sich dabei um ein Erbstück von meinem Großvater, das ich allerdings nur zu ganz besonderen Anlässen trage. Im Alltag sieht man mich mit einer klassischen Uhr von Junghans, gestaltet vom Designer und Architekten Max Bill. Ich mag ihre zeitlose und elegante Erscheinung, ihre Ziffern. Meine erste Uhr war auch ein Modell von Junghans.

Natürlich habe ich sie ganz klassisch zu meiner Firmung bekommen. Ich mache also eine weitverbreitete Uhrentradition durch: die erste Uhr zur Firmung, dann das Erbstück vom Großvater. Und irgendwann wird einer meiner beiden Söhne die Jaeger-LeCoultre tragen. Ob der andere dann sauer sein wird? Hoffentlich nicht, ich werde aber noch eine zweite Uhr für ihn anschaffen müssen, damit das gerecht abläuft. Manchmal liebäugle ich vor einer Auslage mit einer "Tangente" von Nomos.

Ein Künstlerfreund hat mir einmal geraten, ich solle mir eine richtig fette Uhr zulegen. Er meinte, das würde mir fehlen. Das ist mir allerdings zu protzig und klotzig. Nicht dass mir große, dicke Uhren nicht gefallen würden, aber solche Stücke müssen zum Träger passen, zu Typen, die gern auffallen, vielleicht Tattoos tragen. Zu mir passt eher das Flache und Elegante.

Eine Uhr ist nicht nur zum Anzeigen der Zeit da, es handelt sich um ein ästhetisches Statement und sagt durchaus etwas über den Träger und sein Image aus. Ich ziehe sie morgens an und abends aus, so wie meinen Ehering. Vielleicht klingt das ein bisschen altmodisch. Ich glaube nicht, dass die klassische Armbanduhr eines Tages aussterben wird, auch wenn sie sich neben all den Smart Watches, die auf den Markt kommen, vielleicht immer mehr zum Schmuck- und Prestigeobjekt entwickelt.

Wenn ich mit Zeichnen und Malen beschäftigt bin, schaue ich im Idealfall nicht auf die Uhr und kann die Zeit vergessen. So kommt man in den richtigen Flow, der einem zeitlosen Zustand gleicht." (Michael Hausenblas)

Erwin Bohatsch ist einer der bedeutendsten österreichischen Vertreter der abstrakten Malerei. Seit 2005 unterrichtet er an der Akademie der bildenden Künste in Wien.

Im Idealfall schaut Erwin Bohatsch beim Malen und Zeichnen nicht auf die Uhr, dann ist er im "Flow", wie er sagt.

Foto: Katharina Gossow

Alexandra Grausam: "Ich fühle die Aura des Meteoriten"

"Ich bin niemand, der ständig mit Schmuck außer Haus geht. Wenn, dann mit Halsketten, manchmal auch mit Ringen. Die sind groß und auffällig, Modeschmuck halt. Das mache ich nach Lust und Laune. Nie, um zu repräsentieren, aber manchmal habe ich das Gefühl, ich möchte mich gerne schmücken. Das sind Tage, an denen ich mir bewusst Zeit nehme, um schön zu sein. Tage, an denen ich mich vielleicht auch weiblicher fühlen möchte.

Den Ring, den ich auf dem Bild trage, hat mir die Künstlerin Nives Widauer geliehen. Passt wie angegossen! Widauer hat zusammen mit dem Juwelier Der Große Bär eine Serie gestaltet, die sich "Elf Einfälle" nennt. Jedes dieser Schmuckstücke ist ein Unikat und trägt eine Seriennummer – dieses hier L10, weil es der zehnte Buchstabe in den Worten "Elf Einfälle" ist.

Auf dem Goldring ist ein kleines Stück eines Meteoriten angebracht. Widauer beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit diesen besonderen Gesteinen, ist ganz fasziniert davon. Also hat sich der Juwelier eines Tages bei ihr gemeldet und ihr verraten, dass er Meteoriten besitzt. Sie hat dann Designs dafür entworfen, er hat sie umgesetzt.

Wenn ich ihn trage, kann ich schon nachvollziehen, was die Faszination ausmacht: Er ist ein Stück des Universums, das irgendwie den Weg auf die Erde gefunden hat. Ich würde sogar behaupten, ich fühle die Aura des Meteoriten. Vielleicht deshalb, weil ich selbst gerne vulkanisches Gestein mag. Die beiden kommen mir verwandt vor in Bezug auf die Kraft, die auf sie wirkte und die von ihnen ausgeht." (Sascha Aumüller)

Alexandra Grausam leitet das Weisse Haus in Wien. Der Kunstverein veranstaltet am 19. 11. um 17 Uhr im Rahmen der Vienna Art Week einen Talk mit internationalen Kuratoren. Einzelausstellung "Blanche" von Nives Widauer von 22.11.2018 – 24.01.2019.

Foto: Katharina Gossow

James Hersey: "Ich baue Schmuck in meine Songs ein"

"Der Mensch will sich von jeher verzieren und glitzern. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Ich trage jeden Tag Schmuck, am liebsten Ketten mit Quarzsteinanhängern. Ich habe immer eine dabei, auch auf der Bühne. Ohne möchte ich gar nicht mehr auftreten, denn der Stein gibt mir Kraft. Man sagt, Quarz fördere Weisheit und Bodenständigkeit. Vor allem Letztere ist mir wichtig. Ich bin mittlerweile 30 Jahre und schätze meine zwischenmenschlichen Beziehungen über alles. Ich singe gern von "home". Für mich ist Zuhause nicht geografisch, sondern seelisch verortet – dort, wo meine Leute sind. Meine Mutter kommt aus Gmunden, auf dem Cover meiner letzten EP war der Traunstein zu sehen. Einen Schlager über die Berge werde ich aber nie singen. Apropos Berge bzw. Steine: Den Quarz finde ich auch rein optisch schön. Ich mag das Durchsichtige, Schlichte daran sehr. Für einen Singer-Songwriter fände ich es auch irgendwie unpassend, auffälligen Schmuck mit viel Bling-Bling, wie es etwa im Hip-Hop üblich ist, zu tragen. Wobei ich dazu sagen muss, dass ich auch eine schwerere Kette mit großem Quarzstein besitze. Ich stimme meinen Schmuck gern auf meine Outfits ab, die fast ausschließlich in Schwarz und/oder Weiß gehalten sind.

Meine Musik hat viel mehr Farbe als meine Garderobe. Akkorde und Melodien sind für mich Farben. Ich baue auch "Schmuck" in meine Songs ein. Darunter verstehe ich funkelnde Momente, musikalische Passagen, die man sich merkt, weil sie einzigartig sind. Auf der Bühne spielen wir am Ende meiner aktuellen Single "Real for you" immer ein Gitarrensolo. Das schmückt den Song für den besonderen Anlass der Live-Situation und macht ihn um ein Drittel länger. Oder in der zweiten Strophe von "Miss you" wird ein bestimmtes Textelement einmal wiederholt, ganz hoch gesungen und anders abgemischt. Das wäre auch so ein Schmuckelement. Um genau zu sein, wäre es Silber, nicht Gold! Musik hat nämlich so etwas wie eine visuelle Komponente für mich – in diesem Fall eine sehr helle. " (Michael Steingruber)

James Hersey (30) ist Singer-Songwriter. Im Jänner erscheint seine EP "Innerverse". Zeitgleich kann man die Musik live erleben, denn der US-Österreicher geht auf Tournee.

Eine Kette mit Quarzsteinanhänger hat der Musiker James Hersey stets dabei.

Foto: Katharina Gossow

Renée Schroeder: "Ich liebe meine Keramikkette"

"Meine Halskette trage ich außerordentlich gern. Ich habe sie vor drei oder vier Jahren in dem kleinen Atelier der Keramikkünstlerin Petra Saurugg in Hartberg in der Oststeiermark entdeckt. Dort in der Gegend gibt es interessanterweise auffällig viele tolle Keramikerinnen. Ich kaufe allerdings nicht nur Schmuck aus Keramik, sondern besitze ganz viele andere Sachen aus dem Material – so wie die Statue mit den goldenen Händen von Elke Huala.

Wertvolle Schmuckstücke trage ich hingegen selten, für mich ist Schmuck auch nicht der Ausdruck von "ich bin reich". Ich mag Stücke, die farbig sind, die auffallen, die Lebensfreude ausdrücken. Meist bin ich aus praktischen Gründen zurückhaltend angezogen und kombiniere dann farbenfrohe Ketten oder Schals mit Jeans und T-Shirt. Wenn ich Schmuck trage, dann Ketten. Armreifen und Ringe verliere ich nämlich ständig, Ohrringe zwicken an den Ohren.

Die Keramikkette, die ich gerade anhabe, passt glücklicherweise zu allem, ich trage sie zu öffentlichen Auftritten genauso wie im Alltag. Ich habe zwar noch zwei Alternativen, die ich momentan favorisiere, aber in meinem Schlafzimmer hängen hunderte Ketten auf Haken an der Wand beziehungsweise in einer Keramikschale der Künstlerin Anna Maria Kovacic. Nicht alles sind Keramikketten, vieles davon ist Klimbim. Keramikstücke entdecke ich oft auf Märkten, Ausstellungen und Basaren, dort halte ich gezielt Ausschau nach schönen Stücken.

An Keramik mag ich übrigens, dass sie so vielseitig ist. Von der Keramikerin Anna Maria Kovacic lasse ich mir zum Beispiel gerade eine Urne fertigen. Warum? Ein lieber Freund von mir ist vor kurzem gestorben. Dessen Urne war so grau, trist und langweilig, obwohl er so ein lustiger Mensch war. Das soll mir nicht passieren, deshalb lasse ich mein Modell schon jetzt machen. Eines ist sicher: Sie soll so bunt wie die Kunst von Niki de Saint Phalle sein. Ich sehe da übrigens eine Marktlücke – die meisten Urnen sind ja so wahnsinnig hässlich." (Anne Feldkamp)

Renée Schroeder ist Biochemikerin und leitete zuletzt an der Uni Wien das Institut für Biochemie und Zellbiologie. Demnächst wird sie als Bergkräuterbäuerin durchstarten.

Schmuck darf auffallen, findet Biochemikerin Renée Schroeder. Die Keramikkette ist ihr Lieblingsstück.

(RONDO exklusiv, 17.11.2018)

Foto: Katharina Gossow